Gesetzestext

 
 
Nr. Gebührentatbestand Gebühr oder Satz der Gebühr nach § 13 oder § 49 RVG
Wahlanwalt gerichtlich bestellter oder beigeordneter Rechtsanwalt
4142

Verfahrensgebühr bei Einziehung und verwandten Maßnahmen……

(1) Die Gebühr entsteht für eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehende Rechtsfolgen (§ 439 StPO), die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme bezieht.

(2) Die Gebühr entsteht nicht, wenn der Gegenstandswert niedriger als 30,00 EUR ist.

(3) Die Gebühr entsteht für das Verfahren des ersten Rechtszugs einschließlich des vorbereitenden Verfahrens und für jeden weiteren Rechtszug.
1,0 1,0

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift der VV 4142 regelt die zusätzliche Verfahrensgebühr, wenn der Anwalt Tätigkeiten ausübt, die auf Einziehung und verwandte Maßnahmen gerichtet sind. Zweck der Vorschrift ist es, für die in diesen Fällen oft erheblich aufwendiger und umfangreicher gestaltete Tätigkeit des Anwalts einen Ausgleich zu schaffen, der durch die einfachen Gebührenrahmen nicht mehr geleistet werden kann.

 

Rz. 2

Die Vorschrift der VV 4142 ist zuletzt im Zuge des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (StrVermAbRefG)[1] insoweit geändert worden, als nicht mehr auf § 442 StPO Bezug genommen wird, sondern auf § 439 StPO. Inhaltliche Änderungen sind damit aber nicht verbunden. Allerdings hat sich durch den gleichzeitigen Wegfall der Beschlagnahme zum Zweck der Rückgewinnungshilfe der bis dahin strittige Anwendungsbereich verringert. Hinsichtlich des diesbezüglichen Meinungsstreits wird auf die Vorauflage verwiesen.

 

Rz. 3

Die Regelung in VV 4142 betrifft die Fälle

der Einziehung,
Vermögensarrest zur Sicherung der Wertersatzeinziehung (§ 111a Abs. 1 StPO)[2]
des Verfalls,
der Vernichtung,
der Unbrauchbarmachung,
der Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustands,
der Abführung des Mehrerlöses und
der Beschlagnahme für die vorgenannten Zwecke (Anm. Abs. 1).

Sie gewährt eine zusätzliche Verfahrensgebühr unabhängig davon, ob tatsächlich Mehrarbeit eingetreten ist. Ausgenommen ist die zusätzliche Verfahrensgebühr nach Anm. Abs. 2 lediglich in Bagatellfällen.

 

Rz. 4

Die zusätzliche Verfahrensgebühr kommt für jeden Rechtszug in Betracht, also auch für das Berufungs- und Revisionsverfahren (Anm. Abs. 3). Allerdings kann die Verfahrensgebühr im vorbereitenden und im gerichtlichen Verfahren insgesamt nur einmal anfallen (Anm. Abs. 3).

 

Rz. 5

Eine vergleichbare Vorschrift für das Bußgeldverfahren enthält VV 5116.

[1] BGBl I 2017, 2424.
[2] Gerold/Schmidt/Burhoff, VV 4142 Rn 7.

B. Regelungsgehalt

I. Persönlicher Anwendungsbereich

1. Verteidiger

 

Rz. 6

VV 4142 gilt zunächst einmal für den Verteidiger des Beschuldigten. Gemeint ist wiederum der Vollverteidiger, also der Anwalt, dem die Verteidigung des Beschuldigten insgesamt übertragen worden ist.[3] Hierzu genügt es, dass der Verteidiger nur für das so genannte objektive Verfahren (§§ 421 ff. StPO, § 7 WiStG) beauftragt worden ist.[4]

 

Rz. 7

Daher gilt VV 4142 auch dann, wenn alleine gegen die Anordnung des Verfalls von Wertersatz Berufung eingelegt wird. Der Rechtsanwalt erhält dann neben der Verfahrensgebühr der VV 4124 auch die zusätzliche Verfahrensgebühr VV 4142. Weitere Voraussetzungen für das Anfallen der Gebühr sieht VV 4142 nicht vor.[5] Insbesondere liegt in diesem Fall keine Einzeltätigkeit vor (siehe Rdn 9 f.).

[3] Burhoff, RVG, VV 4142 Rn 9.
[4] Burhoff, RVG, VV 4142 Rn 9.
[5] OLG Hamm RVGreport 2012, 152 = StRR 2012, 158; LG Detmold RVGprof. 2013, 9.

2. Beistand oder Vertreter des Neben- oder Privatklägers

 

Rz. 8

Fraglich ist, ob die Vorschrift für den Beistand oder Vertreter eines Privat- oder Nebenklägers ebenfalls anwendbar ist. Dies wurde früher aufgrund der Verweisungen in den §§ 94 und 95 BRAGO angenommen, da pauschal auf § 88 BRAGO verwiesen wurde.[6] Entsprechendes muss auch nach VV Vorb. 4 Abs. 1 gelten, obwohl der Gesetzeswortlaut von einer Tätigkeit für den "Beschuldigten" spricht.

[6] Hansens, BRAGO, § 88 Rn 2.

3. Einzeltätigkeiten

 

Rz. 9

Ist der Rechtsanwalt nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt, so dass sich seine Vergütung nach VV 4300 ff. richtet, sollte bereits die Regelung des § 88 BRAGO nicht anwendbar sein,[7] und zwar auch dann nicht, wenn sich die Einzeltätigkeit nur auf einen Gegenstand nach § 88 BRAGO beschränkte.[8] Auch wenn ein Grund für diese ungleiche Behandlung nicht ersichtlich ist und es im Gegenteil durchaus bei Einzeltätigkeiten dazu kommen kann, dass der Gebührenrahmen nicht ausreicht und daher ebenso eine zusätzliche Vergütung erforderlich erscheint, wird man der Stellung der VV 4142 in Abschnitt 1 "Gebühren des Verteidigers" jetzt entnehmen müssen, dass die Anwendung der VV 4142 ausgeschlossen sein soll.[9]

 

Beispiel: Der Anwalt ist nur mit der Anfertigung der Berufungsbegründung beauftragt und muss hierbei ausführlich zur Einziehung Stellung nehmen.

Der Anwalt erhält lediglich eine Verfahrensgebühr nach VV 4301 Nr. 2 ohne die zusätzliche Verfahrensgebühr der VV 4142. Der Verteidiger dagegen erhält eine Verfahrensgebühr nach VV 4124 zuzüglich der zusätzlichen Verfahrensgebühr nach VV 4142.

 

Rz. 10

Die zu...

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