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Neben der Einigungsgebühr erhält der Anwalt auch eine Betriebsgebühr. Eine isolierte Einigungsgebühr ohne entsprechende Betriebsgebühr kann auch im Privatklageverfahren nie entstehen.[8] Die Art der Betriebsgebühr wiederum hängt davon ab, welchen Auftrag der Anwalt bis dahin hinsichtlich der vermögensrechtlichen Ansprüche hatte:

War der Anwalt bislang nur beauftragt, die Ansprüche außergerichtlich geltend zu machen, und einigen sich die Parteien außergerichtlich, so erhält er neben der Einigungsgebühr eine Geschäftsgebühr nach VV 2300.[9]
Hatte er dagegen bereits den Auftrag zu einer Klage vor dem Zivilgericht, gilt VV 3101 Nr. 1, und wenn die Klage bereits eingereicht war, VV 3100, sofern sich die Parteien im zivilgerichtlichen Verfahren einigen, oder vorprozessual zur Vermeidung des gerichtlichen Verfahrens.[10]
War bereits eine Adhäsionsklage eingereicht oder hatte der Anwalt des Privatklägers den Auftrag, die vermögensrechtlichen Ansprüche im Wege der Adhäsionsklage geltend zu machen, so steht ihm eine Betriebsgebühr nach VV 4143, 4144 zu.[11]
Hatte der Anwalt noch keinen Auftrag, sondern wird er im Strafverfahren damit beauftragt, die zivilrechtlichen Ansprüche mitzuvergleichen, gilt VV 4143 analog. Er erhält zusätzlich eine 2,0-Verfahrensgebühr. Es kann hier nichts anderes gelten als in Verfahren nach VV Teil 3, in denen für das Mitvergleichen entweder die 0,8-Verfahrensgebühr nach VV 3101 Nr. 2 oder die 1,3-Verfahrensgebühr nach VV 3100 (ggf. nebst einer Terminsgebühr nach VV 3104) entsteht. Unter VV 4143 muss auch der Auftrag zu einer vergleichsweisen Erledigung verstanden werden. Der Verfahrensauftrag nach VV 4143 muss kein Klageauftrag sein, er kann auch ein "Einigungsauftrag" sein.
 

Beispiel: Der Verletzte beauftragt seinen Anwalt nach selbst durchgeführtem Sühneverfahren mit der Privatklage wegen einer ihm gegenüber geäußerten Beleidigung. In der Hauptverhandlung einigen sich die Parteien darüber, dass der Beschuldigte ein Schmerzensgeld i.H.v. 1.000 EUR zahle und die Kosten des Verfahrens übernehme; im Gegenzug verpflichtet sich der Verletzte, die Privatklage zurückzunehmen. Das Gericht setzt den Gegenstandswert des Vergleichs auf 1.000 EUR fest.

Zunächst sind die Gebühren nach VV 4100 ff. entstanden (VV Vorb. 4 Abs. 1). Hinzu gekommen sind dann eine Einigungsgebühr nach VV 4147 sowie eine 1,5-Einigungsgebühr nach Anm. zu VV 4147 i.V.m. VV 1000 aus dem Wert der Schmerzensgeldforderung. Hinzu kommt eine 2,0-Gebühr nach VV 4143, ebenfalls aus dem Wert von 1.000 EUR.

 
1. Grundgebühr, VV 4100   220,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, VV 4106   181,50 EUR
3. Terminsgebühr, VV 4108   302,50 EUR
4. Einigungsgebühr, VV 4147   181,50 EUR
5.

2,0-Verfahrensgebühr, VV 4143

(Wert: 1.000 EUR)
  176,00 EUR
6.

1,5-Einigungsgebühr, VV 1000

(Wert: 1.000 EUR)
  132,00 EUR
7. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.213,50 EUR  
8. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   230,57 EUR
Gesamt   1.444,07 EUR
[8] Schumann/Geißinger, BRAGO, § 94 Rn 27, der insoweit von "Dachgebühren" spricht.
[9] Burhoff/Volpert, RVG, VV 4146 Rn 7.
[10] Burhoff/Volpert, RVG, VV 4146 Rn 7.
[11] Burhoff/Volpert, RVG, VV 4146 Rn 7.

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