Rz. 94

Durch Anm. Abs. 4 zu VV 3104 ist eine Anrechnung der Terminsgebühr auf eine im nachfolgenden Rechtsstreit angefallene Terminsgebühr vorgeschrieben. Die Anrechnung setzt wie bei der Verfahrensgebühr nach VV 3305 ebenfalls voraus, dass es sich bei dem im Mahnverfahren tätigen und dem im Rechtsstreit tätigen Rechtsanwalt um dieselbe Person handeln muss (vgl. auch Rdn 33).

Voraussetzungen der Anrechnung sind:

a) Nachfolgender Rechtsstreit

 

Rz. 95

Gegenstandsidentität: Die Anrechnung erfolgt nur insoweit, als sich die Gegenstandswerte des gerichtlichen Mahnverfahrens und des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken. Die Anrechnung führt dann aber nicht zum kompletten Wegfall der im Mahnverfahren angefallenen Terminsgebühr. Vielmehr vermindert sich der Anspruch des Prozessbevollmächtigten auf die im nachfolgenden Rechtsstreit entstandene Terminsgebühr um den entsprechenden Gebührenbetrag.[71]

 

Beispiel: Der Rechtsanwalt erhält den Auftrag, über eine Forderung von 5.000 EUR einen Mahnbescheid zu erwirken. Nach Zustellung des Mahnbescheids, aber vor Einlegung des Widerspruchs durch den Gegner, ruft dieser den Rechtsanwalt zwecks Verhandlungen über eine gütliche Einigung an. Nach Scheitern der Verhandlungen erhebt der Gegner rechtszeitig Widerspruch gegen den Mahnbescheid. Der Rechtsanwalt wird daraufhin mit der Durchführung des Rechtsstreits beauftragt. Der Beklagte wird nach mündlicher Verhandlung antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Dem Anwalt entstehen folgende Gebührenansprüche:

I. Mahnverfahren

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305   334,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 754,80 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   143,41 EUR
Gesamt   898,21 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
  anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305   – 334,00 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
  anzurechnen gem. Anm. Abs. 4 zu VV 3104   – 400,80 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 120,20 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   22,83 EUR
Gesamt   143,03 EUR
 

Beispiel: Der Rechtsanwalt wird beauftragt, eine Forderung von 5.000 EUR mittels Mahnbescheid geltend zu machen. Der Mahnbescheid wird erlassen und dem Gegner zugestellt. Nach Erhalt des Vollstreckungsbescheids über 5.000 EUR führt der Antragsgegner noch vor Einlegung des Einspruchs mit dem Antragstellervertreter Vergleichsverhandlungen zwecks Erledigung des Verfahrens; die Verhandlungen scheitern, so dass der Antragsgegner fristgerecht Einspruch einlegt. Nach Abgabe der Sache an das Prozessgerichts wird der Rechtsanwalt im mit der Durchführung des Rechtsstreits beauftragt. Der Beklagte wird nach mündlicher Verhandlung vollumfänglich zur Zahlung verurteilt. Dem Anwalt entstehen folgende Gebührenansprüche:

I. Mahnverfahren

 
1. 1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305   334,00 EUR
2. 0,5-Verfahrensgebühr, VV 3308   167,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 921,80 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   175,14 EUR
Gesamt   1.096,94 EUR

II. Streitiges Verfahren

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   434,20 EUR
2. anzurechnen gem. Anm. zu VV 3305   – 334,00 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   400,80 EUR
  anzurechnen gem. Anm. Abs. 4 zu VV 3104   – 400,80 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 120,20 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   22,83 EUR
Gesamt   143,03 EUR
[71] Hansens, RVGreport 2007, 125, 127; vgl. zur Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr BGH 7.3.2007 – VIII ZR 86/06, RVGreport 2007, 226.

b) Unterschiedliche Gegenstandswerte

 

Rz. 96

Zu beachten ist, dass eine Anrechnung nur insofern vorzunehmen ist, als eine Gegenstandsidentität gegeben ist. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Anrechnung (vgl. Rdn 34). Hieraus folgt, dass bei Gegenstandsverschiedenheit keine Anrechnungspflicht besteht. Insofern können dem Rechtsanwalt zusätzliche Gebührenteile erhalten bleiben.

aa) Teilweise Anrechnung auf Terminsgebühr des nachfolgenden Rechtsstreits bei geringerem Wert im streitigen Verfahren

 

Rz. 97

Hat das nachfolgende streitige Verfahren einen geringeren Wert, wird die Terminsgebühr nur soweit angerechnet, als sich seine Gegenstände mit denen des nachfolgenden streitigen Verfahrens decken, also analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 5, sofern die Sache abgegeben und das streitige Verfahren durchgeführt wird.

 

Beispiel: Der Anwalt erhält einen Auftrag für ein Mahnverfahren über 7.500 EUR. Der Antragsgegner legt nach vorheriger telefonischer Besprechung mit dem Anwalt des Antragstellers fristgerecht Widerspruch ein. Das streitige Verfahren wird nur wegen einer Forderung von 5.000 EUR durchgeführt.

Angerechnet wird die Mahnverfahrensgebühr (VV 3305) nur nach dem Wert des streitigen Verfahrens, also analog VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 5 nur soweit sie nach einem Wert von 5.000 EUR entstanden wäre; gleiches gilt in Bezug auf die Terminsgebühr.

I. Mahnverfahren

 
1.

1,0-Verfahrensgebühr, VV 3305

(Wert: 7.500,00 EUR)
  502,00 EUR
2.

1,2-Terminsgebühr, VV 3104

(Wert: 7.500,00 EUR)
  602,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.124,4...

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