Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Terminsgebühr. Besprechungen im Zusammenhang mit einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren. qualitative Anforderungen
Leitsatz (amtlich)
Der Tatbestand der Terminsgebühr gem § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), Nr 3106 Vergütungsverzeichnis (VV) iVm der Vorbemerkung 3 Abs 3 S 3 Nr 2 zu Teil 3 der Anlage 1 zum RVG ist nicht auf Besprechungen im Zusammenhang mit einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren in sozialrechtlichen Angelegenheiten anwendbar.
Orientierungssatz
Für das Entstehen einer Terminsgebühr nach der Vorbem 3 Abs 3 S 3 Nr 2 RVG-VV muss eine außergerichtliche Besprechung bestimmten qualitativen Anforderungen genügen. Sie muss konkret an Umfang und Intensität einem Gerichtstermin gleichkommen (vgl LSG München vom 16.12.2016 - L 15 SF 63/15 und LSG Darmstadt vom 9.11.2011 - L 2 SO 192/11 B = ASR 2012, 79).
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Kosten anlässlich eines Widerspruchsverfahrens im Zusammenhang mit dem Gebührentatbestand der Terminsgebühr nach § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbemerkung 3. Abs. 3 S.3 Nr.2 zu Teil 3 der Anlage 1 zum RVG.
Mit Bescheid vom 02.02.2016 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Grundsicherung ab.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte Widerspruch ein und forderte den Beklagten mit Schreiben vom 01.07.2016 auf bis 06.07.2016 Leistungen zu gewähren.
Mit den Bescheiden vom 07.07.2016 hob der Beklagte den Bescheid vom 02.02.2016 auf, entsprach dem Widerspruch im vollen Umfang und übernahm die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach im vollen Umfang.
Der Bevollmächtigte beantragte mit Schreiben vom 08.07.2016 die Kosten des Widerspruchsverfahrens. Neben einer Geschäftsgebühr und der Auslagenpauschale machte der Bevollmächtigte eine Terminsgebühr Sozialrecht gemäß § 3 RVG, Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbemerkung 3. Abs. 3 S.3 Nr.2 zu Teil 3 der Anlage 1 zum RVG in Höhe von 280 € (ohne Umsatzsteuer) geltend. Dabei trägt der Bevollmächtigte vor, dass er sich am 06.07.2016 mit einer Mitarbeiterin des Beklagten, Frau D., dahingehend telefonisch besprochen habe, dass sich diese umgehend mit der Leistungsabteilung und dem dort zuständigen Sachbearbeiter oder Vertreter in Verbindung zu setzen habe, um den Leistungsanspruch zu klären.
Mit Schreiben vom 21.07.2016 lehnte der Beklagte die Übernahme der beantragten Terminsgebühr ab und erklärte sich im Übrigen mit der Übernahme eines Betrages in Höhe von 380,80 € (brutto) einverstanden. Die Bearbeitung von Widersprüchen erfolge ausschließlich durch die Widerspruchsstelle. Seitens des Widerspruchsführers erfolgten keine Absprachen, es werde vielmehr nach Aktenlage entschieden.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 21.09.2016 erkannte der Beklagte die notwendigen Aufwendungen in Höhe von 380,80 € an und lehnte den Kostenantrag im Übrigen ab. Eine Terminsgebühr könne nicht anfallen, wenn bloß ein Telefonat geführt werde, der Telefonanruf bei der Mitarbeiterin des Beklagten beinhaltete keine Vereinbarungen mit der Widerspruchsstelle.
Unter dem Az. S 11 AS 1100/16 legte der Bevollmächtigte eine "Leistungsklage" ein, welche dieser nach aufklärendem Schreiben durch das Gericht zurücknahm.
Den gegen den Kostenfestsetzungsbescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.11.2016 zurück.
In der hiergegen eingelegten Klage hat der Bevollmächtigte auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Anfall einer Terminsgebühr verwiesen. Des Weiteren sei der Bevollmächtigte von Herrn H. von der Widerspruchsstelle am 07.07.2016 angerufen worden, der ihn bezüglich der Abhilfeentscheidung informiert habe. Hiermit sei eine Besprechung vom Beklagten veranlasst worden, dies habe zum nochmaligen Anfall der Terminsgebühr geführt.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.11.2016 zu verurteilen, die notwendige Aufwendung in Höhe von insgesamt 714 € anlässlich des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 02.02.2016 zu erstatten.
Der Vertreter des Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten
sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
Das Sozialgericht Augsburg ist das für die Entscheidung sachlich und örtlich zuständige Gericht (§§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte Klage (vgl. § 54 Abs.4 SGG) wurde gemäß §§ 87, 90, 92 SGG form- und fristgerecht erhoben...