Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsumfang des Grundsicherungsträgers für die Erstausstattung der Wohnung des Grundsicherungsberechtigten
Orientierungssatz
1. Bei der Erstausstattung der Wohnung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB 3 kommt eine neue Ausstattung des Grundsicherungsberechtigten mit bereits vorhanden gewesenen Möbeln und Haushaltsgeräten nur in Betracht, wenn der Antragsteller nachweist, dass er über die notwendigen Ausstattungsgegenstände nicht mehr funktionsfähigen Möbeln handelt es sich nicht um eine Erstausstattung.
2. Bei der Bemessung von Pauschbeträgen nach § 24 Abs. 3 S. 6 SGB 2 sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.
3. Für die Erstausstattung mit Kühlschrank, Herd und Waschmaschine besteht die erforderliche Rechtsgrundlage. Eine solche fehlt für Gefrierschrank und Fernsehgerät (BSG Urteil vom 10. 8. 2016, B 14 AS 58/15 R).
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 09.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2020 verurteilt, an die Klägerin 90,00 Euro zur Anschaffung eines Kühlschranks zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 5 vom Hundert zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer Kosten für die Anschaffung eines Herdes und einer Waschmaschine sowie die Übernahme von Kosten für die Anschaffung eines Fernsehers und eines kombinierten Kühl- und Gefrierschranks als Erstausstattung in Höhe von insgesamt ca. 2.000 Euro.
Die Klägerin erhält seit 01.04.2018 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) vom Beklagten. Die Klägerin bewohnt eine 2 Zimmer-Wohnung mit ca. 50 qm im Haus der Eltern seit Nov./Dez. 2017. Die Wohnung wurde bis 1998/99 von den Großeltern der Klägerin bewohnt. Die Klägerin wohnte seit 1977 bis zum Bezug der Wohnung im 1. Stock in der Wohnung der Eltern im Erdgeschoss. In der Wohnung vorhandene Haushaltsgeräte wurden entsorgt.
Mit Schreiben vom 22.12.2019 beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für einen Elektroherd, eine Waschmaschine, einen Kühlschrank (Gefrierkombi) und einen Fernseher.
Mit Bescheid vom 09.01.2020 bewilligte der Beklagte 190,00 Euro für die Anschaffung eines Herdes und einer Waschmaschine und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch, den der Beklagte mit Bescheid vom 31.03.2020 zurückwies.
Die Klägerin hat am 04.05.2020 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass sie einen Anspruch auf Erstausstattung habe. Sie habe die Wohnung erst im Nov./Dez. 2017 bezogen und bis dahin bei ihren Eltern gewohnt. Die in der Wohnung vorhandenen Haushaltsgeräte und Möbel seien nach dem Tod der Großeltern entsorgt worden. Die für die Anschaffung eines Herdes und einer Waschmaschine bewilligten 190,00 Euro seien nicht ausreichend. Ein Fernsehgerät diene der Weiterbildung. Ein Kühl-/Gefrierschrank sei bei Übernahme der Wohnung nicht vorhanden gewesen und daher keine Ersatzbeschaffung. Für die Anschaffung der gesamten Erstausstattung seien ca. 2.000 Euro erforderlich. Die beantragten Geräte wurden von der Klägerin noch nicht angeschafft.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2020 zu verurteilen, die Kosten für die Anschaffung eines Fernsehers und eines Kühl- u. Gefrierschranks sowie weitere Kosten für die Anschaffung eines Herdes und einer Waschmaschine in Höhe von insgesamt ca. 2.000 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Klägerin könne auf die Anschaffung von gebrauchten Gegenständen verwiesen werden. Für einen Herd und eine Waschmaschine seien die bewilligten 190,00 Euro ausreichend. Dies habe eine Recherche in der örtlichen Tagespresse und im Internet ergeben. Bei einem Fernseher handele es sich weder um ein Haushaltsgerät noch um einen Einrichtungsgegenstand. Deswegen seien die Kosten hierfür nicht von § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II umfasst. Hinsichtlich des Kühlschranks handele es sich um eine Ersatzbeschaffung. Dies folge aus dem Antrag der Klägerin, in dem sie mitteilte, dass der ältere Kühlschrank der Großmutter der Klägerin entsorgt werden musste. Es sei zudem unrealistisch, dass die Klägerin die Wohnung zwei Jahre ohne Kühlschrank bewohnt habe und lediglich in der warmen Jahreszeit den Kühlschrank der Eltern genutzt habe. Es sei außerdem unglaubwürdig, wenn die Klägerin behaupten würde, sie sei erst mit 43 Jahren aus ihrem Jugendzimmer in die Wohnung im 1. Stock gezogen und die Wohnung habe seit dem Tod der Großeltern fast 20 Jahre leer gestanden.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 22.10.2020 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
Entscheidungsgründe
Über die Klage konnte durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher ...