Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Termins- und Erledigungsgebühr bei einer Untätigkeitsklage. Verfahrensgebühr. Höhe. keine Berücksichtigung von Fachanwaltsqualifikation und ggf wirtschaftlicher Not. Erinnerungsverfahren. Kostenentscheidung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Erlass eines begehrten Bescheides im Rahmen des Untätigkeitsklageverfahrens fällt keine Terminsgebühr an, sofern nicht tatsächlich ein Termin durchgeführt wurde. Auch eine Erledigungsgebühr fällt nicht an.
2. Die Fachanwaltsqualifikation eines/einer Bevollmächtigten wirkt sich weder gebührenerhöhend noch gebührenvermindernd aus.
3. Der Umstand, dass eine Kanzlei ggf in wirtschaftliche Not gerät, ist nach § 14 RVG nicht berücksichtigungsfähig.
4. Das Erinnerungsverfahren stellt nach § 18 Nr 5 RVG eine eigenständige Angelegenheit dar, für die nach § 193 SGG eine eigene Kostenentscheidung zu erfolgen hat.
Tenor
1.) Auf die Erinnerung des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Cottbus vom 24. Mai 2011 abgeändert.
2.) Die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten für das Verfahren sind auf insgesamt 57,12 Euro festzusetzen.
3.) Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten für das Erinnerungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über den Anfall und die Billigkeit der Höhe einer Terminsgebühr und einer Erledigungsgebühr im Rahmen eines Untätigkeitsklageverfahrens. Des Weiteren steht die Billigkeit der Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr im Streit.
Im Rahmen des Untätigkeitsklageverfahrens wurde unter dem 5. November 2011 Klage erhoben. Diese wurde unter dem 22. November nach der Erteilung des begehrten Bescheides für erledigt erklärt. Der begehrte Bescheid wurde unter dem 16. November an die Bevollmächtigte versendet. Unter dem 16. November erging auch die Aufforderung an den Beklagten zur Klage Stellung zu nehmen. Weiterer Schriftwechsel erfolgte in der Hauptsache nicht. Der Beklagte gab ein Kostengrundanerkenntnis ab.
Der Beklagte stellte den Antrag die Kosten der Höhe nach durch Beschluss fest zu setzen und stellte dabei die “Höhe der Kosten in das Ermessen des Gerichts„. In seinem Antrag trug der Beklagte seine Argumente für die Bewertung der Sachlage auf knapp 3 Seiten vor, stellte aber keine konkrete Summe in den Raum.
Der Urkundsbeamte setzte sodann mit Beschluss vom 24. Mai 2011 die Kosten des Verfahrens auf insgesamt 148,75 Euro fest. Der Beschluss wurde dem Beklagten unter dem 27. Juni 2011 bekannt gegeben
Der Beklagte hat unter dem 13. Juli 2011 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss das Gericht angerufen.
Eine Anschlusserinnerung wurde nicht eingelegt. Die Klägerin ist der Auffassung, die Erinnerung sei rechtsmissbräuchlich eingelegt worden. Der Beklagte habe wegen der Beantragung der Kostenhöhe im Ermessen des Gerichts kein Rechtsschutzbedürfnis jetzt gegen die erfolgte Festsetzung vorzugehen. In der Sache seinen aber zumindest die festgesetzten Gebühren in Verfahren vor den Sozialgerichten grundsätzlich schon existenzbedrohend niedrig und würden dazu führen, dass die Bevollmächtigte der Klägerin wohl bald selber auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen wäre. Schließlich werde aber auch der Fachanwaltsstatus der Bevollmächtigten rechtswidrig nicht gewürdigt.
Die Kammer hat den Beteiligten rechtliches Gehör gewährt.
II.
1.
Die Erinnerung ist zulässig. Nach § 197 Absatz 2, in Verbindung mit § 178 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten das Gericht angerufen werden. Das statthafte Rechtsmittel ist daher die Erinnerung. Es ergibt sich zwar keine ausdrückliche Verweisung auf § 178 SGG, diese ergibt sich aber aus der Systematik des SGG und dem Wortlaut des § 178 SGG. Die Erinnerungsfrist von einem Monat ist gewahrt. Die Erinnerung ist schriftlich erhoben worden.
Die Erinnerung ist auch nicht verwirkt oder aus anderen Gründen unzulässig erhoben worden. Insbesondere hat der Beklagte auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Insofern kann der Bevollmächtigten der Klägerin nicht gefolgt werden, dass durch die Beantragung der Festsetzung der Höhe der Kosten der Beklagte sich später nicht mit einer Erinnerung gegen die dann festgesetzten Kosten wenden dürfte. Zwar ist zuzustimmen, dass der Beklagte hier durch eine fehlende Nennung eigener Vorstellungen zur Kostenhöhe verfahrensrechtlich nicht die geschickteste Methode gewählt hat, andererseits folgt daraus weder ein Verzicht auf ein Rechtsmittel, noch in einer anderen Weise eine Bindung an die Kostenfestsetzung durch das Gericht. Der Beklagte hatte insofern in dem Kostenfestsetzungsantrag keine Summe angegeben, aber sich mit den Kriterien des § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetztes (RVG) auseinandergesetzt. Wenn der Urkundsbeamte dann eine Kostenfestsetzung beschließt, die nach Auffassung des Beklagten seine Wertung der Kriterien des § 14 RVG falsch vornimmt, dann kann dem Beklagten das Recht gegen diese “Fehlgewichtung„ vorzugehen nicht...