Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherungsbeitrag. Rentner. Verfassungsmäßigkeit der alleinigen Beitragstragung ab 1.4.2004
Orientierungssatz
Die Neuregelung des § 59 Abs 1 S 1 SGB 11 durch Art 6 Nr 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (SGB6uaÄndG 2) vom 27.12.2003 (BGBl I 2003, 3013), wonach der Beitrag zur Pflegeversicherung für Zeiten des Rentenbezugs ab dem 1.4.2004 von den Rentnern allein zu tragen ist, verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Tragung des hälftigen Beitrages zu seiner gesetzlichen Pflegeversicherung über den 31.03.2004 hinaus beanspruchen kann.
Der ... 1949 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung als Maler und Lackierer und war in der Zeit von 1986 bis 1998 als LKW-Fahrer - unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Arbeitsunfähigkeit - versicherungspflichtig beschäftigt.
Anschließend (seit dem 02.10.1998) war er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Seit dem 01.05.1999 bezieht er von der Beklagten eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die zuletzt mit Bescheid vom 17.06.2004 bis zum 31.12.2006 verlängert wurde. Bis zum 31.03.2004 behielt die Beklagte von der Rente des Klägers den halben Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von 0,85 % ein und übernahm selbst die Zahlung der anderen Beitragshälfte.
Mit Bescheid vom 08.03.2004 stellte die Beklagte den Rentenanspruch des Klägers neu fest. Aus der Rente des Klägers werde nunmehr ab dem 01.04.2004 der volle Beitrag zur Pflegeversicherung von 1,7 %, also ein Betrag in Höhe von 15,90 EUR, einbehalten. Ab dem 01.04.2004 sei der Beitrag zur Pflegeversicherung von den Rentnern allein zu tragen.
Hiergegen legte der Kläger am 22.03.2004 Widerspruch mit der Begründung ein, die Erhöhung seines Pflegeversicherungsbeitrages um 100 % führe zu einer faktischen Kürzung und zu einem realen Wertverlust seiner Rente. Diese Kürzung stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in seine grundrechtlich geschützte Rechtsposition dar, sowohl der Eigentumsschutz nach Art. 14 des Grundgesetzes (GG) als auch der rechtsstaatliche Vertrauensgrundsatz seien verletzt. Die Tatsache, dass andere Versichertengruppen weiterhin lediglich den halben Pflegeversicherungsbeitrag zu leisten hätten, lasse erhebliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz des Art. 3 GG aufkommen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2004 unter Hinweis auf die durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (2. SGB VI-ÄndG, BGBl. I, S. 3013) geänderte Vorschrift des § 59 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) als unbegründet zurückgewiesen. Danach sei der Beitrag zur Pflegeversicherung für Zeiten des Rentenbezugs ab dem 01.04.2004 von den Rentnern allein zu zahlen. Die Beklagte sei als Sozialleistungsträger verpflichtet, die geltenden Gesetze zu beachten und auszuführen. Es bestehe keine Möglichkeit, von diesen zwingenden gesetzlichen Vorgaben abzuweichen.
Mit der am 12.07.2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, er halte die von der Beklagten angeführten Gesetzesänderungen für verfassungswidrig. Er sei in seinem Grundrecht aus Art. 14 GG verletzt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG könnten auch sozialversicherungsrechtliche Positionen unter bestimmten Voraussetzungen grundsätzlich den Schutz der Eigentumsgarantie genießen. In diesem Zusammenhang habe das BVerfG entschieden, dass die rentenversicherungsrechtliche Position, aus der sich ergebe, dass die Rentenversicherungsträger Beiträge oder Zuschüsse zur Krankenversicherung der Rentner zu leisten hätten, diese Voraussetzungen erfülle. Nichts anderes könne aber für die Tragung von Beiträgen oder Zuschüssen zur Pflegeversicherung gelten. Er habe seit der Einrichtung der sozialen Pflegeversicherung durch seine regelmäßigen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zu seinem Rentenbeginn die hälftigen Beiträge zur Pflegeversicherung der Rentner mitfinanziert. Diesem Beitrag habe bisher eine entsprechende Vergünstigung in der eigenen Rentenbezugsphase durch die Übernahme des hälftigen Beitrages zur Pflegeversicherung aus dem Beitragsaufkommen der Rentenversicherung gegenüber gestanden. Er habe die Belastung während seiner Erwerbsphase in der Erwartung, in der Rentenbezugsphase ein Äquivalent zu erhalten, hingenommen. Durch die Streichung der Beteiligung der Rentenversicherungsträger am Pflegeversicherungsbeitrag der Rentner habe der Gesetzgeber entsprechendes Eigentum vernichtet und nicht nur seinen Inhalt und seine Schranken neu bestimmt. Dieser Eingriff sei nicht aus Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung in der Rentenversicherung könne als rein politisches Ziel ni...