Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Zahlungsfrist für Krankenhausbehandlungskosten bestimmt nur Fälligkeit des Vergütungsanspruchs. Abgrenzung zwischen ambulanter, vor- und vollstationärer Krankenhausbehandlung bei Tod des Patienten

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung in einer Krankenhaus-Pflegesatzvereinbarung, wonach eine Krankenkasse zur Bezahlung von Krankenhausrechnungen innerhalb von 14 Tagen verpflichtet ist, bestimmt nur die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Krankenhausträgers. Die Überschreitung der vereinbarten Zahlungsfrist, ohne dass die Krankenkasse bis zu diesem Zeitpunkt konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit der übersandten Abrechnung erhoben oder Maßnahmen zu deren Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung eingeleitet hat, führt nicht dazu, dass die Krankenkasse mit dem Einwand ausgeschlossen wäre, eine Krankenhausbehandlung habe nicht vorgelegen oder sei nicht iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 erforderlich gewesen.

2. Zur Abgrenzung zwischen ambulanter, vor- und vollstationärer Krankenhausbehandlung bei der Abrechnung von Krankenhausleistungen, wenn der Patient kurze Zeit nach Einlieferung durch den Notarzt in der Notaufnahme eines Krankenhauses verstirbt.

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 908,54 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 2 % über dem Basiszinssatz, mindestens aber 4 %, p.a., seit dem 20.12.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung von im Krankenhaus erbrachten Leistungen.

Die Klägerin betreibt ein rechtlich und wirtschaftlich selbständiges Fachkrankenhaus mit speziellem Versorgungsauftrag für die kardiologische und kardiochirurgische Maximalversorgung, das in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommen ist. Auf Grund eines Kooperations- und Nutzungsvertrags mit dem Freistaat Sachsen und der Universität L ist ihr darüber hinaus der Status einer Universitätsklinik als Teil der Medizinischen Fakultät der Universität L verliehen.

Am 22.09.1999 um 08:55 Uhr wurde der Rettungsdienst zu der bei der Beklagten krankenversicherten Patientin R (geb. 1945) gerufen, die über akute Luftnot klagte. Nach dem Eintreffen des Rettungsdienstes erlitt sie einen Krampfanfall mit Eintritt einer Apnoe, der Notarzt leitete Reanimationsmaßnahmen ein. Um 09:50 Uhr wurde die Patientin mit der Aufnahmediagnose eines das kardiovaskuläre System betreffenden Schocks ohne Angabe eines Traumas (ICD-9 Nr. 785.5) in die Notfallaufnahme der Klägerin eingeliefert. Dort wurden die zunächst fortgesetzten Reanimationsmaßnahmen um 10:19 Uhr abgebrochen und um 10:23 Uhr das Ende der Behandlung wegen des Todes der Patienten mit der Diagnose eines Akuten Myokardinfarkts (ICD-9 Nr. 410) vermerkt.

Mit am 29.09.1999 bei der Beklagten eingegangener Rechnung vom 27.09.1999 beanspruchte die Klägerin von der Beklagten für die im Krankenhaus erbrachten Leistungen einen Betrag von insgesamt 1.776,95 DM (908,54 EUR), der sich wie folgt zusammensetzt:

Leistung

Aufenthalt

Anzahl

Tarif

Gesamt

Basis allgemein

22.09.99-22.09.99

1

43,13 DM

43,13 DM

Abt.-Pflegesatz Intensiv

22.09.99-22.09.99

1

1.722,82 DM

1.722,82 DM

Investitionszuschlag

22.09.99-22.09.99

1

11,00 DM

11,00 DM

Rechnungsendbetrag

1.776,95 DM

Unter dem 24.10.2000 forderte die Beklagte die Patientenunterlagen zur Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung an. Dieser kam in einem Gutachten nach Aktenlage vom 20.11.2000 zu dem Schluss, die durchgeführten Maßnahmen hätten den in EBM-Pos. 332 aufgeführten Notfallmaßnahmen entsprochen. Die Patientin sei bereits intubiert und beatmet nach 45 Minuten Reanimation daheim und im Rettungswagen aufgenommen worden. Maßnahmen, die über eine Notfallbehandlung hinausgehen und ausschließlich im Rahmen vollstationärer Behandlung erbracht werden könnten, seien nicht erbracht worden, ausgenommen eine Echokardiografie, die für sich allein jedoch keine stationäre Behandlung erforderlich mache.

Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18.12.2000 jegliche Zahlung ab und verwies die Klägerin auf eine Abrechnung über die Kassenärztliche Vereinigung nach dem EBM-Katalog unter Inanspruchnahme der kassenärztlichen Abrechnungsgenehmigung ihrer Ärzte.

Am 20.12.2001 erhob die Klägerin daraufhin Klage zum Sozialgericht L, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 19.02.2002 an das Sozialgericht Dresden verwiesen hat. Die Klägerin ist der Auffassung, stationäre Behandlungsleistungen erbracht zu haben, wobei der Aufnahmetag als voller Behandlungstag abzurechnen sei. Mit dem Hineinrollen in die Notaufnahme sei die Patientin in das Krankenhaus aufgenommen worden. Im Moment der Einlieferung beginne der gesamte diagnostische und kurative Apparat des Krankenhauses anzurollen. Das heißt, in dem Moment seien Personal und Te...

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