Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltliche Verfahrensgebühr im sozialgerichtlichen Klageverfahren: zur Beurteilung der Schwierigkeit anwaltlicher Tätigkeit im Verfahren über Erwerbsminderungsrente. zur Bestimmung der Betragsrahmengebühr
Orientierungssatz
1. In einem sozialgerichtlichen Klageverfahren über die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente, bei dem sich im Wesentlichen zwei rechtliche Probleme stellen, ist die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit als durchschnittlich zu bewerten. Die Auseinandersetzung mit zwei medizinischen Gutachten auf einem Fachgebiet ist in diesem Zusammenhang nicht außergewöhnlich.
2. Eine vom Rechtsanwalt vorgenommene Bestimmung der Betragsrahmengebühr ist unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG, wenn sie um mehr als 20 Prozent von der vom Gericht als angemessen zugrunde gelegten Gebühr abweicht. (Anschluss Landessozialgericht NRW vom 05.05.2008, Az: L 3 R 84/08) Die dann erforderliche Neufestsetzung der Anwaltsgebühr durch das Gericht erfolgt ohne Berücksichtigung des anwaltlichen Ermessensspielraumes.
Tenor
Die Erinnerung gegen die Festsetzung der dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten vom 04.01.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Im Streit ist die Höhe der Verfahrensgebühr und der Einigungsgebühr für das Klageverfahren.
Streitgegenstand des zugrunde liegenden Klageverfahrens war die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der am 28.01.1971 geborene Kläger hattet am 28.06.2005 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gestellt, der nach Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Gutachtens des Dr. K. und eines psychiatrischen Gutachtens des Dr. Donat mit Bescheid vom 27.07.2005 mit der Begründung abgelehnt worden war, der Kläger sei gesundheitlich in der Lage, mindestens 6 Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch der Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2006 zurückgewiesen. In dem anschließenden Klageverfahren holte das Gericht einen Befundbericht der behandelnden Ärzte C. und W. R. sowie psychiatrische Gutachten des Dr. L. vom 13.02.2007 und des Dr. H. vom 25.08.2007 ein. Aufgrund des Ergebnisses der Begutachtung des Sachverständigen Dr. H. erkannte die Beklagte im Rahmen eines Vergleichsangebotes eine am 15.02.2007 eingetretene volle Erwerbsminderung auf Zeit an und verpflichtete sich, dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2007 bis zum 31.12.2008 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Gleichzeitig erklärte sie sich bereit, 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu übernehmen. Der Kläger nahm das Vergleichsangebot der Beklagten an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Schriftsatz vom 03.12.2007 beantragte die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung folgender dem Kläger zu erstattender Kosten:
I. Widerspruchsverfahren
Geschäftsgebühr Nr 2400 VV 240,00 Euro
Auslagenpauschale Nr 7002 VV 20,00 Euro
2/3-Quote 173,33 Euro
Umsatzsteuer Nr 7008 VV 27,73 Euro
Summe Widerspruchsverfahren 201,06 Euro
II. Klageverfahren
Verfahrensgebühr Nr 3103 VV 320,00 Euro
Einigungsgebühr Nr 1006 VV 350,00 Euro
Ablichtungskosten Nr 7000 VV 1,50 Euro
Auslagenpauschale Nr 7002 VV 20,00 Euro
Kostenquote 2/3 461,00 Euro
Umsatzsteuer Nr 7008 VV RVG 87,59 Euro
Summe Klageverfahren 548,59 Euro
Gesamtsumme 749,65 Euro
Mit Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 04.01.2008 wurden die von der Beklagten zu erstattenden Kosten in Höhe von 646,51 Euro festgesetzt. Dabei wurden die geltend gemachten Kosten des Widerspruchsverfahrens in vollem Umfang als angemessen und erstattungsfähig angesehen. Hinsichtlich der Kosten des Klageverfahrens wurde lediglich eine Verfahrensgebühr in Höhe von 255,00 Euro und eine Einigungsgebühr in Höhe von 285,00 Euro zugrunde gelegt. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der hohen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, der langen Laufzeit des Klageverfahrens, des überdurchschnittlichen Umfanges der anwaltlichen Tätigkeit und der unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers sei eine um 50 vH über der Mittelgebühr liegende Verfahrens- und Einigungsgebühr als angemessen anzusehen.
Gegen diesen Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 23.01.2008 Erinnerung eingelegt und beantragt, die außergerichtlichen Kosten antragsgemäß festzusetzen. Eine Kürzung der geltend gemachten Höchstgebühr sei nicht gerechtfertigt, weil die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit weit überdurchschnittlich gewesen seien. Zudem seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nicht als unterdurchschnittlich, sondern als mindestens durchschnittlich zu beurteilen, da der Kläger bis Juli 2004 ein Nettoeinkommen von ca. 2.000,00 Euro pro Monat erzielt habe. Zudem sei nach der sozialge...