Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Ergebnis einer Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) und der sich aus der Prüfung ergebenden Nachforderung in Höhe von noch 63.266,40 €.

Die Klägerin (HRB Nr. XXX1, AG Hanau) wurde 1971 gegründet. 1985 wurde das Stammkapital von zunächst 20.000,00 DM auf 50.000,00 DM erhöht und von Herrn A. A. gehalten (notarieller Vertrag vom 13. Dezember 1985, UR-Nr. XX2/1995, Notar E., D-Stadt). Ausweislich der zugehörigen Satzung der Klägerin (vom 13. Dezember 1985) war Gegenstand der Firma die industrielle Fertigung aller buchbinderischen Arbeiten, insbesondere von Drucksachen (Broschüren). Nach § 5 der Satzung sind Verfügungen über Geschäftsanteile zulässig, aber sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Nach § 8 ist die Gesellschafterversammlung durch einen Geschäftsführer einzuberufen, wenn eine Beschlussfassung erforderlich wird oder die Einberufung aus einem sonstigen Grunde im Interesse der Gesellschaft liegt. Sie ist mindestens einmal jährlich einzuberufen, wobei der Geschäftsführer über das vergangene Geschäftsjahr und die Jahresbilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung zu berichten hat. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn sie ordnungsgemäß einberufen und mindestens 51% des Stammkapitals vertreten sind. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacherer Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Satzung oder Gesetz eine andere Mehrheit vorschreiben.

Zum 1. Mai 1988 stieg der Beigeladene zu 1) als Sohn von Herrn A. A. in die GmbH ein und wurde zum 1. Oktober 1996 Geschäftsführer und ist seither auch Gesellschafter der Klägerin.

Mit Datum vom 15. September 1996 schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen zu 1) einen Arbeitsvertrag ab. Darin hieß es unter anderem:

㤠2

Der Arbeitnehmer arbeitet als Geschäftsführer

[...]

Seine Tätigkeit umfasst im wesentlichen folgende Aufgaben: Geschäftsführung, Firmenorganisation, Einstellungen, Kündigungen, Dotierungen, Investitionsplanung, Unternehmensstrategien, Gerichtsverfahren, Repräsentation des Unternehmens, Betreuung der Kunden, Rechnungsprüfung, Entwicklungen, Personalplanung, Kapazitätsplanung,

Reklamationsbearbeitung, Arbeitsverträge abschließen, Kündigungen, Vorstellungsgespräche, Liquiditätsplanung, initiieren von Projekten, Freigabe von qualitätsrelevanten Dokumente.

Es gilt eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Quartalsende.

Das Monatsgehalt beträgt brutto DM 10.000,-- zzgl. einer Festzahlung von DM 3.500,--. Der Arbeitnehmer erhält eine Tantieme von 50% des Bruttogewinns, wovon die Hälfte nach Ausdruck der BWA a Ende des Monats und die andere Hälfte am Ende des Jahres ausgezahlt wird.

[…]

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen Firmenwagen, der ihm kostenfrei auch für private Nutzung überlassen wird. Es steht ihm frei, von diesem Recht Gebrauch zu machen oder nicht.

§ 4 Krankheit/Arbeitsverhinderung

Ist der Arbeitnehmer aufgrund von Erkrankung oder aus anderen Gründen an der Arbeit verhindert, so muss der Arbeitgeber am ersten Tag der Erkrankung oder Verhinderung hierüber unterrichtet werden. […]

§ 6 Urlaub

Der Urlaub beträgt 30 Arbeitstage p.a. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber auf Anforderung die jeweilige Urlaubsanschrift mitzuteilen.

[…].“

Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2004 (UR-Nr. XX3/2004, Notar Dr. K.) trat der Beigeladene zu 1) zwei Geschäftsanteile zu je 10.000,00 DM an die Herren F. und H. ab.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 4. Januar 2005 wurde vereinbart, dass für entsprechend wirksame Gesellschafterbeschlüsse eine 2/3-Mehrheit erforderlich sei, jeder Gesellschafter 1 Stimme habe und im Übrigen eine Abberufung von Geschäftsführern nur einstimmig erfolgen könne.

Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 15. Juni 2007 trat der Beigeladene zu 1) einen Teil seines Geschäftsanteils (30.000,00 DM) in Höhe von jeweils 10.000,00 DM an Herrn M. und Herrn S. ab (UR-Nr. 150/2007, Notar G.). Beabsichtigt war, die bis dahin bestehende umsatzsteuerliche Organschaft und die damit verbundene Haftung des Beigeladenen zu 1) für umsatzsteuerliche Geschäfte zu beenden.

Die Beklagte führte bei der Klägerin vom 22. März 2011 bis 6. Februar 2014 eine Betriebsprüfung durch.

Der Beigeladene zu 1) gab in einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit Datum vom 13. März 2012 gegenüber der Beklagten an, seit 1988 bei der Klägerin beschäftigt gewesen zu sein, dies seit Oktober 1996 als Geschäftsführer und Gesellschafter. Er habe keine Sonderrechte, um Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern. Er habe der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 100.000,00 € gewährt. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und verfüge als einzige Geschäftsführer/ Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branche...

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