Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr nach Nr 3106 RVG-VV. kein Anfall bei Verfahrensbeendigung durch einen protokollierten gerichtlichen Vergleich. Anwendbarkeit von § 278 Abs 6 ZPO. keine Anwendbarkeit der Nr 3104 Abs 1 Nr 1 Alt 3 RVG-VV

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 278 Abs 6 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar.

2. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen und für die eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, fällt eine Terminsgebühr nicht an, wenn das Verfahren durch einen gem § 278 Abs 6 ZPO protokollierten gerichtlichen Vergleich beendet wird.

3. Nr 3104 Abs 1 Nr 1 Alt 3 RVG-VV ist in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, weder direkt noch analog anwendbar.

 

Tenor

1. Die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12.04.2010 für das Verfahren S 4 U 6/09 wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens S 4 U 6/09.

Der Erinnerungsführer hat im Ausgangsverfahren am 16.02.2009 Klage zum SG Fulda erhoben. Das Verfahren endete am 25.01.2010 durch gerichtlichen Vergleich, den der Vorsitzende der 4. Kammer gem. § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 202 SGG protokolliert hat.

Ausweislich des Vergleichs verpflichtete sich die Erinnerungsgegnerin dem Erinnerungsführer die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 05.02.2010 beantragte der Erinnerungsführer, die Kosten wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

 300,-- €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG

 200,-- €

Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG

 190,-- €

47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG

 23,50 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

 20,-- €

Zwischensumme

733,50 €

19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

139,37 €

Gesamt

 872,87 €

Davon habe die Beklagte 436,44 € zu tragen.

Mit Schreiben vom 24.02.2010 beanstandete die Erinnerungsgegnerin die begehrte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG. Ein Termin habe nicht stattgefunden.

Mit Kostenfestsetzung vom 12.04.2010 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die erstattungsfähigen Kosten wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG

 300,-- €

Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG

 190,-- €

47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG

 23,50 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

 20,-- €

Zwischensumme

533,50 €

19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG

101,37 €

Gesamt

 634,87 €

Davon habe die Beklagte 317,44 € zu erstatten.

Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Terminsgebühr nicht angefallen sei.

Gegen die am 22.04.2010 zugestellte Kostenfestsetzung hat der Erinnerungsführer am 28.04.2010 Erinnerung erhoben. Der Erinnerungsführer ist unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Sozialgerichts Mannheim der Auffassung, dass eine Terminsgebühr angefallen sei. Er beantragt, den Beschluss des Urkundsbeamten vom 12.04.2010 entsprechend abzuändern.

Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Die Erinnerungsgegnerin hält die angegriffene Kostenfestsetzung für rechtmäßig und beantragt die Erinnerung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akten des Ausgangsverfahrens SG Fulda S 4 U 6/09 Bezug genommen.

II.

Die gem. § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig aber unbegründet. Der Urkundsbeamte hat die Kosten rechtsfehlerfrei festgesetzt. Eine Terminsgebühr ist vorliegend nicht angefallen.

Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfu...

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