Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 1317. BK-Merkblatt. arbeitstechnische Voraussetzung. n-Hexan-Exposition. Spezialbenzin. medizinische Voraussetzung. Polyneuropathie. chronische Enzephalopathie. Parkinsonerkrankung. Werkzeugmacher

 

Orientierungssatz

Zur Nichtanerkennung einer Parkinsonerkrankung eines Werkzeugmachers, der langjährig mit n-Hexan-haltigem Spezialbenzin 40/80 gearbeitet hatte, als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 1317 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind die Anerkennung der Parkinsonerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnungund deren Entschädigung umstritten.

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 16.10.2014 bei der Beklagten die Anerkennung der Parkinsonerkrankung als Berufskrankheit.

Der Kläger, geboren 1939, erlernte von 04/1954 bis 09/1957 den Beruf des Werkzeugmachers und arbeitete bis 10/2003 bei verschiedenen Mitgliedsfirmen der Beklagten in diesem Beruf. Der Kläger arbeitete ab 09/1994 bis zum Eintritt ins Rentenalter 10/2003 mit Spezialbenzin 40/80, welches m-Hexan enthält. Er reinigte damit Kupferbügel. Ab 12/1994 stellten sich gesundheitliche Beschwerden in Form von Kopfschmerzen, Schwindel, Hautreizungen und Depressionen ein. Das Zittern habe auch schon angefangen.

Die Beklagte ermittelte die arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen unter Beiziehung von ärztlichen Befundberichten, dem klägerischen Vorerkrankungsverzeichnis, der Schwerbehindertenakte sowie Informationen vom Arbeitgeber des Klägers über die ausgeführte Tätigkeit. Beim Kläger liegen unter anderem eine Parkinsonerkrankung und eine Polyneuropathie vor.

Der Präventionsdienst der Beklagten stellte unter dem 11.03.2015 nach einer Arbeitsplatzbesichtigung fest, dass der Kläger Atemwegskontakt zu n-Hexan hatte, der ein Listenstoff im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist. Der neurotoxische Schwellenwert entspreche dem Arbeitsplatzgrenzwert für n-Hexan und dieser sei während der Beschäftigungszeit sicher eingehalten worden.

N-Hexan-Konzentrationen von über 200 ppm = 716 mg/m3 führten zu nachweisbaren Veränderungen im peripheren Nervensystem.

Ein Atemwegskontakt zu Trichlorethen habe nicht bestanden.

Mit Bescheid vom 30.03.2015 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Ein Anspruch auf Leistungen bestehe nicht. Die festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen.

Ein Atemwegskontakt zu Trichlorethen habe nicht bestanden. Der neurotoxische Schwellenwert für n-Hexan fordere für die Verursachung einer Polyneuropathie als Berufskrankheit eine längerfristige Exposition von mehr als 50 ppm = 180 mg/m3. Dieser sei weder erreicht noch überschritten worden.

Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass n-Hexan in der Lage sei, eine chronische Enzephalopathie zu verursachen. Die beim Kläger festgestellte Parkinsonerkrankung gehöre nicht zu den neurologischen Krankheitsbildern, die durch Intoxikationen verursacht werden können.

Aufgrund des klägerischen Widerspruchs vom 22.04.2015 befragte die Beklagte ihren Beratungsarzt, welcher unter dem 01.03.2017 ausführte, dass sich aus dem aktenkundigen Material kein Hinweis auf einen regelmäßigen Hautkontakt mit dem Spezialbenzin ergebe. Der Arbeitsplatzgrenzwert sei eingehalten worden. Der Morbus Parkinson sei erst im Jahre 2008 diagnostiziert worden. Bei Patienten mit Morbus Parkinson sei eine erhöhte Prävalenz von Polyneuropathien bekannt. Zudem könnten auch degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich zu Kribbelparästhesien in beiden Beinen führen. Symptome wie bei einem Morbus Parkinson, gehörten nicht zum Krankheitsbild einer Berufskrankheit Nr. 3117 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung. Zwar könne das Krankheitsbild eines Morbus Parkinson toxisch verursacht werden, jedoch sei der Kläger diesen Stoffen gegenüber nicht exponiert gewesen (Kohlenmonoxid, Schwefelkohlenstoff, Methanol, Mangan bzw. Manganverbindungen). Auch sei eine Verursachung der Polyneuropathie durch n-Hexan allein aus zeitlichen Gründen schon äußerst unwahrscheinlich, da das Expositionsende spätestens mit Eintritt ins Rentenalter in 10/2003 vorgelegen habe und die Kribbelparästhesien an den Beinen erst ab 2007 berichtet worden seien. Eine durch organische Lösungsmittel verursachte neurotoxische Polyneuropathie trete in der Regel distal betont meist symmetrisch auf. Das erstmalige Auftreten des Krankheitsbildes etwa vier Jahre nach Expositionsende und dann auch nur rezidivierend entspreche nicht dem Krankheitsbild einer toxischen Polyneuropathie.

Der Morbus Parkinson sei kein Krankheitsbild im Sinne der Berufskrankheit Nr. 1317 der Anlage 1...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge