Parkinson wird Berufskrankheit

Die Forschung zeigt zunehmend einen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Pestiziden und dem Ausbruch der neurodegenerativen Parkinson-Erkrankung. Aus diesem Grund empfahl der Ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundessozialministerium im März 2024, dass Parkinson, das durch Pestizide verursacht wird, als Berufskrankheit anerkannt werden sollte.

Das „Parkinson-Syndrom“ (auch Morbus Parkinson oder Parkinson-Krankheit) ist eine neurologische Erkrankung, die sich durch eine Vielzahl von Symptomen auszeichnet, darunter Muskelstarre, Muskelsteifheit, Zittern sowie eine mangelnde Stabilität der aufrechten Körperhaltung aufgrund mangelhafter Halte- und Stellreflexe und Gleichgewichtsproblemen.

Parkinson: Voraussetzungen für Berufskrankheit

Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im März 2024 nach langjähriger Beratung eine wissenschaftliche Empfehlung für eine neue Berufskrankheit „Parkinson-Syndrom durch Pestizide" beschlossen. Begünstigt werden damit Beschäftigte, die Pestizide langjährig und häufig im beruflichen Kontext selbst angewendet haben. Die genauen Voraussetzungen der neuen Berufskrankheit sind laut Angaben des Bundesministeriums:

  • Diagnostiziertes primäres Parkinson-Syndrom ohne sekundäre Genese: Das bedeutet, die Erkrankung darf nicht Folge einer anderen Grunderkrankung sein.
  • Erfüllung des Dosismaßes von mindestens 100 trendkorrigierten Anwendungstagen mit Stoffen aus einer der drei Funktionsgruppen der Pestizide (Herbizide, Fungizide oder Insektizide) durch eigene Anwendung.

Wissenschaftliche Begründung

Vor der Empfehlung des ÄSBV fand ein langjähriger Beratungsprozess statt. Dabei wurde eine große Anzahl wissenschaftlicher Studien ausgewertet. In den letzten Jahren haben internationale Studien zunehmend einen klaren Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber Pestiziden am Arbeitsplatz und dem Auftreten von Parkinson aufgezeigt, auch wenn letzte Zweifel noch nicht vollständig ausgeräumt sind. Die Verzögerung bei der Abgabe der aktuellen Empfehlung des ÄSBV liegt hauptsächlich daran, dass das Gremium früher Schwierigkeiten hatte, aus den damaligen Forschungsergebnissen Kriterien für die Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit im deutschen Sozialrecht abzuleiten. In anderen Ländern wie Frankreich und Italien wird Parkinson bereits seit Jahren als Berufskrankheit anerkannt. Dies liegt jedoch hauptsächlich daran, dass dort teilweise andere Definitionen für Berufskrankheiten gelten als in Deutschland.

Betroffene Berufsgruppen

Mit einer Anerkennung von Parkinson als Berufskrankheit haben betroffene Personen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Die genauen Leistungen sind dabei abhängig vom Einzelfall. Bei den betroffenen Personengruppen handelt es sich in erster Linie um Landwirte, Forstwirte Winzer und Gärtner. Wenn man bei einem der von der ÄSVB gelisteten Pestizide mindestens 100 Anwendungstage im Berufsleben vorweisen kann, ist das Kriterium einer Berufskrankheit bei einer gesicherten Diagnose Parkinson erfüllt.

Einsatz von Pestiziden und Pflanzenschutzmitteln

Pestizide kommen in erster Linie im Bereich der Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Forstwirtschaft sowie der Landschaftspflege zum Einsatz. Hier wird der Begriff Pestizide häufig synonym zum Begriff Pflanzenschutzmittel gebraucht. Darüber hinaus spielt auch die Anwendung von Pestiziden in Form von Bioziden in Siedlungen, Gärten und Gebäuden eine mehr oder minder große Rolle im Rahmen der beruflichen Anwendung. Pflanzenschutzmittel dienen der Gesunderhaltung von Pflanzen (Schädlingsbefall), während Biozide besonders häufig zum Schutz des Menschen eingesetzt werden, so zum Beispiel im Rahmen der Schädlingsbekämpfung oder als Desinfektionsmittel.

Parkinson als Berufskrankheit: Folgen für Arbeitsschutz

Welche konkreten Auswirkungen hat die Einstufung als Berufskrankheit auf den Arbeitsschutz? In einem Interview mit NDR Online meint der Arbeitsmediziner Thomas Kraus, dass die vorhandenen Warnhinweise und Verfahrensregeln für das Spritzen und Anmischen von Pestiziden grundsätzlich ausreichend sind, jedoch konsequenter und flächendeckender angewendet werden müssen. Defizite erkennt Kraus noch bei den Kontrollen und der Anwendung aktueller Vorschriften in kleinen und mittelgroßen Betrieben. Hier könnte die neue Einstufung als Berufskrankheit als Ansporn wirken. Kraus empfiehlt betroffenen Berufsgruppen nicht nur aus gesundheitlichen, sondern auch ökologischen Gründen, den Einsatz von Pestiziden deutlich einzuschränken.


Schlagworte zum Thema:  Arbeitssicherheit, Berufskrankheit, DGUV