Leistungsminderung durch Lärm: Bedeutung der subjektiven Wahrnehmung

In einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wurde getestet, inwiefern sich die kognitive Leistungsfähigkeit von Beschäftigten während des Korrekturlesens objektiv durch arbeitsplatztypische Hintergrundgeräusche verschlechtert oder ob es sich bei den Konzentrationsmängeln eher um subjektive Wahrnehmungen der betroffenen Beschäftigten handelt.
Basierend auf den Ergebnissen der Studie ermuntern die BAuA-Forscher Unternehmen, in den eigenen Betrieben ähnliche Befragungen der Beschäftigten durchzuführen, um herauszufinden, welche Geräusche und Geräuschcharakteristika von diesen als besonders beeinträchtigend erlebt werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse könnte man dann noch effektiver Schutzmaßnahmen planen und umsetzen.
Studie in schallgedämmtem Labor
In der Studie bearbeiteten die 70 teilnehmenden Personen in einem schallgedämmten Labor diverse Leseaufgaben – zum einen in einer „Ruhebedingung“ (keine störenden Hintergrundgeräusche) und zum anderen in drei Geräuschbedingungen (störende betriebstypische Hintergrundgeräusche). Bei den eingespielten Hintergrundgeräuschen handelte es sich um Aufnahmen von einem Kassenarbeitsplatz im Textileinzelhandel, einem Multi-Space-Büro und einer Baustelle.
Leseaufgaben
Den teilnehmenden Beschäftigten wurden mehrere Leseaufgaben (im Forschungsjargon „Items“ genannt) zur Bearbeitung gegeben: Am Bildschirm wurden ihnen nacheinander Items gezeigt, die aus ein oder zwei Sätzen bestanden und eine unterschiedliche Länge und Komplexität besaßen. Jedes Item enthielt entweder einen oder keinen Fehler. Für die Bearbeitung stand nur eine kurze Zeit zur Verfügung.
Die Teilnehmenden wurden gebeten, jedes Item sorgfältig zu lesen und zu entscheiden, ob die Sätze einen Fehler enthalten oder nicht. Vermeintliche Fehler mussten die Teilnehmer durch Anklicken markieren.
Hauptziele der Studie
Die wesentlichen Ziele der Studie waren, zu untersuchen, ob sich die Störgeräusche negativ auf die Qualität der Bearbeitung der Leseaufgabe auswirken, ob bei zweimaliger Bearbeitung der Aufgabe bereits ein Trainingseffekt vorliegt und ob sich mögliche Geräuscheffekte in den Gruppen mit verschiedenen Störgeräuschbedingungen unterscheiden.
Zudem sollten die subjektiven Einschätzungen der Teilnehmer ermittelt werden, d. h. nahmen diese Einschränkungen in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit wahr und wenn ja, unter welchen Bedingungen, Ruhebedingungen oder Geräuschbedingungen, waren diese für sie größer?
Allgemeine Ergebnisse
Die Anzahl richtig bearbeiteter Items zeigt eine große Spannweite. Mit besseren Ergebnissen am zweiten Messtermin als am ersten Messtermin in den Geräuschgruppen „Büro“ und „Baustelle“ lag ein Trainingseffekt vor, d. h. die Teilnehmer der Studie lernten, sich trotz der Störgeräusche während des Korrekturlesens besser zu konzentrieren.
Insgesamt war die Anzahl richtig bearbeiteter Items während der Geräuschbedingungen geringer als während der Ruhebedingungen. Auch in der subjektiven Wahrnehmung der Teilnehmer war ihre Konzentration während der eingespielten Geräuschkulissen geringer als während der Ruhephasen. Nachteilige Effekte der Hintergrundgeräusche auf die kognitiven Leistungen konnten von den Forschern damit also tatsächlich nachgewiesen werden. Diese Effekte waren aber geringer als die von den Teilnehmern subjektiv wahrgenommenen Konzentrationsdefizite.
Ergebnisse bei Geräuscharten
Bei der Betrachtung der einzelnen Geräuschgruppen wurde für die Gruppe „Textil-Kasse“ der deutlichste Geräuscheffekt ermittelt, gefolgt von der Gruppe „Büro“. Für die Gruppe „Baustelle“ dagegen konnte kein Unterschied zwischen den Ergebnissen unter Ruhebedingungen und unter Geräuschbedingungen ermittelt werden. Der negative Geräuscheffekt lag somit bei den beiden Geräuschen vor, die auch Sprache enthielten.
Obwohl sich beim Baustellengeräusch, ironischerweise das Geräusch mit dem höchsten Schalldruckpegel, kein Effekt auf die Leistung in der Leseaufgabe gezeigt hatte, wurden bei den subjektiven Bewertungen dennoch ähnliche Effekte wie in den beiden anderen Geräuschgruppen ermittelt.
Praxisrelevanz
Mittels der Befragungen, so folgert die BAuA, sei es möglich, nachteilige Wirkungen der Geräuschbedingungen auf die Beschäftigten auch dann zu erkennen, wenn objektive Messwerte eine höhere Belastung nicht unbedingt bestätigten. Befragungen der Beschäftigten sollten daher in Zukunft von den Unternehmen verstärkt genutzt werden, um eine umfassende Bestandsaufnahme aller Belastungen und Beanspruchungen für die Beschäftigten zu erhalten – und dazu zähle neben den objektiven Messwerten eben auch die subjektive Wahrnehmungsebene.
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