Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Abgabepflicht einer städtischen Kulturbehörde. keine Heranziehung Kultur fremdnützig fördernder Personen zur Künstlersozialabgabe. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Künstlersozialabgabepflicht einer städtischen Kulturbehörde dem Grunde nach.
2. Es ist nicht verfassungskonform, Kultur - fremdnützig - fördernde und nicht von ihr - eigennützig - profitierende Personen zwangsweise über deren freiwilligen Beitrag hinaus zur Kulturförderung heranzuziehen.
Tenor
1. Der Bescheid der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.8.2007 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Im Streit ist die Abgabepflicht nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG) dem Grunde nach.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung in der damaligen Kulturbehörde der Klägerin, deren Aufgaben heute von der Behörde für Kultur, Sport und Medien wahrgenommen werden, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 18.12.2006 fest, dass jene nach § 24 KSVG ein abgabepflichtiges Unternehmen betreibe. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.8.2007 zurück. Die grundsätzliche Abgabepflicht bestehe sowohl gemäß § 24 Abs. 1 S. 2 KSVG als auch nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG. Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit würden nach den vorliegenden Unterlagen beispielsweise für den Internetauftritt der Kulturbehörde nicht nur gelegentlich entsprechende Aufträge an Webdesigner beziehungsweise einzelkaufmännisch geführte Werbeagenturen erteilt. Unerheblich sei der Einwand der Klägerin, dass diese zur Erfüllung des staatlichen Auftrages der Daseinsvorsorge handele. Als Unternehmer sei ihr wesentlicher Zweck darauf gerichtet, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen. Beispielhaft werde auf die Zuwendungen an selbstständige Künstler/Publizisten für die Fertigung von Katalogen sowie die Förderung von Lesungen, der Herausgabe von Publikationen, der Aufführung von Theaterstücken oder Ausstellungen der bildenden Kunst verwiesen. Dass die Zuwendungen - auch im Rahmen von Werkverträgen - lediglich aufgrund der Wahrnehmung der Aufgaben der Kulturbehörde als staatliche Einrichtung erfolgten, sei unerheblich.
Hiergegen richtet sich die am 6.9.2007 erhobene Klage; den Widerspruch der Klägerin gegen die zuvor mit Bescheiden vom 19.12.2006 und 25.7.2007 vorgenommene Festsetzung der Künstlersozialabgabe der Höhe nach für die Jahre 2000 bis 2006 nebst Vorauszahlungen bis Februar 2008 hat die Beklagte bislang noch nicht beschieden.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei aufgrund der von den angegriffenen Bescheiden erfassten Tätigkeiten ihrer Kulturbehörde bzw. nunmehr Behörde für Kultur, Sport und Medien nicht künstlersozialabgabenpflichtig. Sie betreibe schon keine Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des KSVG. Hierbei handele es sich um einen Unterfall der Werbung, so dass lediglich ein Handeln zu dem Zweck erfasst sei, Dritte für eigene Ziele und insbesondere Kunden für den Absatz eigener Leistungen zu gewinnen. Dies treffe auf die Kulturförderung nicht zu. Sie erteile nicht ständig - mithin nur gelegentlich - Aufträge an selbstständige Künstler oder Publizisten. Es gehöre nicht zu ihren Pflichtaufgaben, für die Aufführung oder Darbietung künstlerischer oder publizistischer Werke oder Leistungen zu sorgen, so dass hierin kein wesentlicher Zweck im Sinne des § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG liege. Ungeachtet dessen fehle es an einer spezifischen Solidaritäts- und Verantwortlichkeitsbeziehung zwischen ihr einerseits und selbstständigen Künstlern und Publizisten andererseits, die es unter verfassungsrechtlichen Aspekten rechtfertigen könnte, sie mit einer Künstlersozialabgabepflicht zu belegen. Im Rahmen der Kulturförderung trete sie nicht wie die von § 24 KSVG erfassten Unternehmer als Vermarkter von Werken oder Leistungen von Künstlern oder Publizisten auf und konkurriere auch nicht mit professionellen Vermarktern auf privatwirtschaftlichen Märkten. Die Klägerin trägt vor, dass weder eigene Kataloge noch eigene Flyer hergestellt würden. Der Internetauftritt der Behörde werde von eigenen Mitarbeitern gepflegt. Broschüren würden nicht einmal jährlich in Auftrag gegeben, es gebe keine kontinuierlichen Veröffentlichungen. Werkverträge mit Künstlern würden fast ausschließlich im Rahmen des Projekts “Kunst im öffentlichen Raum„ geschlossen. Im Übrigen erfolge die Kulturförderung vor allem durch einseitige Zuwendungen. Als Veranstalterin trete sie nur vereinzelt auf.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6.8.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Die Klägerin sei bereits nach § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KSVG, jedenfalls aber nach §...