Entscheidungsstichwort (Thema)

sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Antrag auf vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld. fehlender Anordnungsgrund. Glaubhaftmachung. vorrangige Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

Begehrt der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Bewilligung von Arbeitslosengeld, so fehlt es regelmäßig am Anordnungsgrund, wenn der Antragsteller nicht glaubhaft macht, zuvor erfolglos einen Antrag auf Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB 2) gestellt zu haben.

 

Tenor

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit dem am 15.12.2011 gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrte der Antragsteller die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg).

Er sprach am 07.11.2011 bei der Antragsgegnerin persönlich vor. Er behauptet, ihm sei dort mitgeteilt worden, ohne eigene oder arbeitgeberseitige Kündigung könne er kein Arbeitslosengeld erhalten. In dem Gesprächsvermerk der Antragsgegnerin vom 07.11.2011 wurde erfasst:

“Arbeitssuchendmeldung am 07.11.2011. Meldung während ungekündigtem Beschäftigungsverhältnis.

[…]     

AUSGEHÄNDIGTE UNTERLAGEN:

Arbeitspaket Teil 3

[…]     

BEMERKUNGEN:

Kunde meldet sich asu, er wurde mündl. gekündigt. Da er noch keine Kündigung hat nur aus aufgenommen. Er wird mit der Kündigung vorsprechen, sobald er diese erhält. Das heutige Datum kann dann als Alodatum anerkannt werden, im Fall diese schon ab 071111 gültig ist.„ (Bl. 110 der Verwaltungsakte)

Die Antragsgegnerin begründete die noch nicht erfolgte Alg-Bewilligung damit, dass zur abschließenden Bearbeitung des Alg-Antrages noch die Vorlage von Unterlagen durch den Antragsteller notwendig gewesen sei. Nachdem der Antragsteller die angeforderten Unterlagen am 28.12.2011 vorlegte, bewilligte die Antragsgegnerin ihm gegenüber mit Bescheid vom 28.12.2011 Alg ab dem 07.11.2011.

Daraufhin hat der Antragsteller das einstweilige Rechtschutzverfahren für erledigt erklärt und begehrt die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten durch die Antragsgegnerin. Sie habe den Anlass für das gerichtliche Eilverfahren gegeben. Dem Antragsteller sei es wegen der Aussage eines Mitarbeiters der Antragsgegnerin, ohne Kündigung könne ihm kein Alg gewährt werden nur durch Anrufung des Gerichts möglich gewesen, eine Klärung zu erwirken.

II.

Nachdem der Antragsteller den einstweiligen Rechtsschutzantrag für erledigt erklärt hat und (nur noch) eine Entscheidung über die Erstattung außergerichtlicher Kosten begehrt, war über den Antrag hinsichtlich der Erstattung außergerichtlicher Kosten gesondert durch Beschluss zu entscheiden, § 193 Abs. 1 S. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in entsprechender Anwendung.

Danach entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren nicht durch Urteil (hier: Beschluss) beendet wird. Die nach § 193 Abs. 1 SGG (entsprechend) zu treffende Entscheidung erfolgt nach richterlichem Ermessen. Anders als in vergleichbaren Verfahrensordnungen hat das Gericht im sozialgerichtlichen Verfahren dabei keine inhaltlichen Voraussetzungen für die Entscheidung über die Kosten zu beachten. Daraus folgt, dass die Sozialgerichte bei der Kostenentscheidung freier sind und die vergleichbaren kostenrechtlichen Vorschriften anderer Prozessordnungen nicht uneingeschränkt herangezogen werden können. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben bei der Kostenentscheidung allerdings als wesentliches Kriterium das mutmaßliche Ergebnis des Rechtsstreits aufgrund einer Würdigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu werten. Bei der Frage der Kostentragung ist es in der Regel billig, dass der die Kosten trägt, der unterliegt, jedoch sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und auch darauf abzustellen, welcher Beteiligter Anlass zur Einlegung des Rechtsbehelfs gegeben hat (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. A., § 193 Rn. 12a f.).

Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller - trotz faktischen Erfolges - keine Kosten zu erstatten. Der einstweilige Rechtsschutzantrag wäre im Falle einer Entscheidung durch das Gericht aller Voraussicht nach ohne Erfolg geblieben.

Erforderlich für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches (Anspruch in der Hauptsache) und eines Anordnungsgrundes (Notwendigkeit einer Eilentscheidung des Gerichts).

Es kann hier dahinstehen, ob der erforderliche Anordnungsanspruch vorliegt, da jedenfalls kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde. In den Fällen, in denen der Antragsteller begehrt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig Alg zu erhalten, fehlt es nach der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer am Anordnungsgrund, wenn der Antragsteller - wie hier - nicht glaubhaft macht, zuvor erfolglos einen Antrag...

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