Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 1303. Harnblasentumor. Merkblatt BK 1303. Benzolexposition. Abgrenzung zu der BK 1301. Tanklastwagenfahrer
Leitsatz (amtlich)
Ein Harnblasentumor wird von der Berufskrankheit der Nr 1303 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung nicht erfasst (Anschluss an SG Düsseldorf vom 31.10.2006 - S 16 (18) U 15/04 - und SG Hamburg vom 07.04.2006 - S 40 U 409/04 -)
Orientierungssatz
Nach mehrjährigen Einwirkungen können bestimmte Aminoverbindungen des Benzols Schleimhautveränderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Blasenkrebs verursachen. In diesem Fall handelt es sich jedoch um Erkrankungen im Sinne der Nr 1301 der Anlage 1 zur BKV.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob ein Harnblasentumor als Folge einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 1303 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen ist.
Der ... geborene Kläger war zuletzt vom 21.05.1991 bis zum 30.04.2015 bei der Firma X Spedition GmbH, K., als Tanklastwagenfahrer beschäftigt. Dabei hatte er eigenen Angaben zufolge auch Kontakt zu Benzol und seinen Homologen. Im März 2015 diagnostizierte der Urologe Dr. B. bei dem Kläger einen Harnblasentumor.
Im April 2015 erstattete der Kläger bei der Beklagten eine Verdachtsanzeige auf das Vorliegen einer BK. Nach Einholung eines Berichts ihres Präventionsdienstes, weiterer medizinischer Sachaufklärung und aufgrund der Stellungnahme der Gewerbeärztin E. lehnte die Beklagte die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK Nr. 1301 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, der Kläger sei im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit keinen Einwirkungen gegenüber aromatischen Amine ausgesetzt gewesen (Bescheid vom 15.09.2015, Widerspruchsbescheid vom 12.01.2016).
Nachdem der Kläger im Rahmen seiner Begründung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 15.09.2015 die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK der Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV geltend gemacht hatte mit der Begründung, er sei während seiner langjährigen Tätigkeit als Tanklastzugfahrer fortlaufend in erhöhtem Maße Benzoldämpfen ausgesetzt gewesen, leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren auch zu dieser BK ein. Hierzu holte sie u.a. eine weitere Stellungnahme ihres Präventionsdienstes ein. Dieser führte zusammenfassend aus, Ottokraftstoffe und in geringerem Ausmaß auch Dieselkraftstoffe enthielten als typische Mineralölprodukte Aromate wie Benzol, Toluol, Xylol und weitere Alkylbenzole. Insoweit lasse sich eine ausreichende Exposition mit Bezug zu einer BK Nr. 1303 grundsätzlich bestätigen. Auch sei Benzol als krebserzeugend eingestuft. Zielorgan des kanzerogenen Angriffs sei allerdings das blutbildende bzw. lymphatische System. Die Harnblase entspreche demgegenüber nicht der Organotropie dieser Verbindung. Benzol sei deshalb generell nicht geeignet, einen Harnblasenkrebs zu verursachen. Die übrigen Aromate seien nicht als krebserzeugend eingestuft und kämen deshalb schon dem Grunde nach nicht als Ursache der angezeigten Blasenkrebserkrankung in Betracht. Dem stimmte die Gewerbeärztin E. zu (vgl. Stellungnahme vom 02.12.2015). Gestützt auf das Ermittlungsergebnis lehnte die Beklagte die Feststellung der Harnblasenkrebserkrankung als Folge der BK Nr. 1303 der Anlage zur BKV ab (Bescheid vom 22.12.2015, Widerspruchsbescheid vom 24.04.2016).
Deswegen hat der Kläger am 13.04.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, sowohl Dr. B. als auch die ihn behandelnden Ärzte des Klinikums Y., B., bestätigten einen ursächlichen Zusammenhang der Blasenkrebserkrankung mit beruflichen Einwirkungen durch Benzoldämpfe. Zur Stützung seines Begehrens legt der Kläger eine Bescheinigung des Dr. B. vor.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 22. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. März 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Harnblasenkrebserkrankung als Folge einer BK der Nr. 1303 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Mit Schreiben vom 29.06.2016 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, es erwäge eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫; zur Klageart vgl. BSG SozR 4-2700 § 9 Nr. 22, Rnr. 13 m.w.N. und LSG Baden-Württemberg vom 17.03.2016 - L 6 U 1518/14 -, Rnr. 50 ≪Juris≫) zulässig, aber nicht begründet. ...