nicht rechtskräftig
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 64.500,- EURO festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Einzugspflicht des Arztes für Patientenzuzahlungen. Der Kläger nimmt an der Versorgung gesetzlich Krankenversicherter als zugelassener Vertragsarzt teil. Er ist Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nord-Württemberg und Vertreter der Vertragsärzte beim Bundesschiedsamt. Darüber hinaus ist er Vorsitzender des Ärztebundes "MEDI Deutschland". Das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) hat ab 2004 zu Lasten der gesetzlich Krankenversicherten die sogenannte Praxisgebühr eingeführt. Danach hat jeder Versicherte, soweit er das 18. Lebensjahr vollendet hat, je Kalendervierteljahr für jede erste Inanspruchnahme eines Vertrags(-zahn)arztes oder Vertragspsychotherapeuten - soweit sie nicht einer vertragsärztlichen Überweisung aus dem selben Quartal folgt - eine Zuzahlung von 10,- EURO an den Arzt/Zahnarzt/Psychotherapeuten zu zahlen (§ 28 Abs. 4 i.V.m. § 61 Satz 2 Buch V des Sozialgesetzbuches - SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003 - BGBl.I Seite 3022). Diese Zahlung hat der Leistungserbringer einzubehalten; sein Vergütungsanspruch verringert sich entsprechend (§ 43 b Abs. 2 Satz 2 SGB V). Dieser Regelung haben die Vertragsparteien des Bundesmantelvertrags-Ärzte über den allgemeinen Inhalt der Gesamtverträge (BMV-Ä) aufgrund eines Schiedsspruchs des Bundesschiedsamts am 10.12.2003 Rechnung getragen und vereinbart, § 13 Abs. 7 und § 18 BMV-Ä teilweise neu zu fassen. Danach ist unter anderem der Vertragsarzt nicht berechtigt, auf die Zuzahlung zu verzichten (§ 18 Abs. 1 S. 2 BMV-Ä); im übrigen ist das Nähere zur Behandlungsverweigerung des Arztes bei Nichtzahlung des Patienten und die Einzugsverpflichtung des Arztes, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) und der Krankenkassen bei Zahlungsverweigerung oder -unvermögen geregelt. Eine Vergütung für den Zahlungseinzug und die ihm auferlegte Quittierung erhält der Arzt nicht (§ 18 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä), für die Mahnung werden ihm die Portokosten erstattet. Die Vollstreckungsmaßnahmen selbst sind der KV auferlegt. Die Krankenkasse erstattet in diesem Fall der KV die nachgewiesenen Gerichtskosten zuzüglich einer Pauschale von 4 EURO (§ 18 Abs. 5 S. 5 BMV-Ä). Entsprechende Regelungen sind im Bundesmantelvertrag Ärzte/Ersatzkassen, dem EKV, zwischen den Beigeladenen zu 2), 3) und 5) vereinbart (§ 13 Abs. 6 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 7 S. 1 und Abs. 8). Gegen die Zuzahlungsregelung richtet sich die Klage vom 20.01.2004. Mit ihr wendet sich der Kläger zunächst gegen die Vertragspartner des BMV-Ä. Soweit sich der Kläger auch gegen die Vertragspartner der Gesamtverträge und Einzelkassen gerichtet hat, hat die Kammer den Rechtsstreit abgetrennt und an das zuständige Sozialgericht Stuttgart verwiesen. Der Kläger sieht in der Verpflichtung zur Entgegennahme und Beitreibung der Praxisgebühr einen Verstoß gegen höherrangiges Recht: Sie sei eine öffentlich-rechtliche Forderung, deren Inhaber nicht der Vertragsarzt sei; jene Vergütung, die die KV für ihre Mitglieder von den Krankenkassen verlangen können, verringere sich um die von den Patienten eingezogene Zuzahlung; sie fließe mithin letztlich den gesetzlichen Krankenkassen zu, so dass der Kläger zur Entgegennahme einer öffentlich-rechtlichen Gebühr verpflichtet werde; die Rechtsordnung sehe es aber nicht vor, dass ein Privater mit privaten Mitteln gegenüber Dritten öffentliche Gebühren erhebe, es sei denn, er sei entsprechend beliehen; eine solche Beleihung sei zwar dadurch mögich, dass Hoheitsbefugnisse an einen Privaten übertragen würden, nicht dagegen durch Übertragung öffentlicher Aufgaben an ihn zur selbständigen Wahrnehmung; Handlungs- oder Entscheidungsbefugnisse seien dem Kläger jedoch nicht übertragen worden; darüber hinaus bestehe kein dringender Grund des Allgemeinwohls, ihn als Privatmann mit der öffentlichen Aufgabe zu betrauen; vielmehr stünden den Krankenkassen weit bessere logistische Möglichkeiten für den Einzug der Zuzahlung zur Verfügung: sämtliche Mitglieder seien bei der jeweiligen Krankenkasse datenmäßig erfasst, und gegen Säumige könne sie rasch mit hoheitlichen Mitteln vorgehen; demgegenüber entstünden dem Arzt hohe Kosten, die sich aus solchen für Software, Lizenzgebühren, Personalschulung, elektronischem Verrechnungssystem und Sicherheitsvorkehrungen zusammensetzen würden; jedenfalls müsse er - der Kläger - eine Halbtagskraft einstellen, um die Zuzahlung ordnungsgemäß einzuziehen, zu verbuchen und im Falle der Nichtzahlung anzumahnen; darüber hinaus werde das Arzt-/Patientenverhältnis nachhaltig gestört, wenn der Patient nicht bereit sei, die Praxisgebühr zu bezahlen; letztlich werde der Arzt trotz des ihm durch den BMV-Ä eingeräumten Rechts, die Behandlung bei Nichtzahlen der Praxisgebühr zu verweigern, d...