Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss. besondere Angelegenheit iS des § 18 Abs 1 Nr 3 RVG. Auslagenpauschale. kein Nachweis von Auslagen. gesonderte Kostenentscheidung für Erinnerungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss stellt eine besondere Angelegenheit iS des § 18 Abs 1 Nr 3 RVG dar.

2. Wählt der Rechtsanwalt wie hier die pauschale Abrechnung nach Nr 7002 VV RVG (juris: RVG-VV) reicht die Versicherung, dass die Auslagen entstanden sind; eines Nachweises bedarf es mithin nicht.

3. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens werden von der Kostengrundentscheidung des Hauptsacheverfahrens nicht erfasst und das RVG sieht den gesonderten Anfall einer Verfahrensgebühr (Nr 3501 VV RVG) für das Betreiben des Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gem § 18 Abs 1 Nr 3 RVG vor, sodass es einer Kostenentscheidung analog § 193 SGG bedarf.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 (- S 9 SF 156/19 -) wird zurückgewiesen.

Der Erinnerungsführer hat der Erinnerungsgegnerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die nach § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Nach § 197 Abs. 1 SGG setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszuges den Betrag der zu erstattenden Kosten auf Antrag der Beteiligten oder des Prozessbevollmächtigten fest. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 2.1.2019 ist mit Schriftsatz des Erinnerungsführers vom 10.1.2019, Eingang bei Gericht am 11.1.2019, erhoben worden, mithin nach Inkrafttreten des 2. KostRMoG am 01.08.2013 und mit Beschluss des SG Konstanz vom 26.3.2019 - S 4 SF 156/19 E - zurückgewiesen worden. Mit Beschluss des SG Konstanz vom 30.4.2019 - S 9 SF 156/19 E - ist dem Erinnerungsführer die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsgegnerin für das Verfahren - S 4 SF 156/19 E - auferlegt worden. Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin vom 21.6.2019 hin, ist die Kostenfestsetzung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.7.2019 - S 9 SF 156/19 E - zu recht nach neuem Recht erfolgt.

Entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers stellt die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine besondere Angelegenheit iSd. 18 Nr. 3 RVG dar, weswegen gemäß § 60 RVG neues Recht zur Anwendung kommt (Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 2019, § 60 RVG Rn. 31 m. w. N.). Das Gericht teilt die Auffassung des SG Nordhausen in seinen Beschlüssen vom 22.6.2018 - S 24 SF 126/18 E - und vom 4.9.2019 - S 21 SF 53/19 - nicht, nach dem das Erinnerungsverfahren als eine Abwicklungstätigkeit innerhalb des ersten Rechtszuges unter § 19 Abs. 1 Nr. 14 RVG falle und daher ggf. das RVG a. F. zur Anwendung komme.

Ein Erinnerungsverfahren gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss stellt nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG eine besondere Angelegenheit dar. Für das Betreiben eines Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist der gesonderten Anfall einer Verfahrensgebühr vorgesehen (juris PK-SGG/Stotz, Stand: 8.10.2019, § 197 Rn. 65). Gleichgültig für die Frage, ob eine selbstständige Angelegenheit vorliegt, ist dabei, mit welchen anderen Tätigkeiten des Rechtsanwalts die Erinnerung in einem Zusammenhang steht (siehe schon BT-Drs. 15/1971, S. 192). Wenngleich sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen lässt, dass mit der Einführung von § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG, der keine Vorgängerregelung in der BRAGO hatte, eine Änderung der eingangs dargestellten Rechtslage direkt beabsichtigt war, ist eine gebührenrechtliche Verklammerung mit dem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht mehr vereinbar. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass das Gesetz etwa in § 16 Nr. 10 Buchst. c RVG durchaus eine Ausnahme vorsieht (ausf. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.5.2019 - OVG 3 K 32.18 (Rn. 4 f.) - juris m. w. N. zum Streitstand). Für die hier vorliegende Konstellation sieht das RVG jedoch keine Ausnahme vor. Insbesondere liegt entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers auch kein Fall des § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 14 RVG vor, da Erinnerungen gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss - wie oben dargestellt - stets eine besondere Angelegenheit iSd. § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG darstellen (hierzu auch BeckOK RVG/v. Seltmann, Stand: 1.3.2020, § 16 Rn. 20).

Nach der Nr. 3501 VV RVG fällt für ein Erinnerungsverfahren in den Fällen des § 3 Abs. 1 S. 1 RVG eine eigene Gebühr an. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach §§ 3, 14 RVG. Gemäß § 14 Abs. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (S. 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (S. 3)....

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