Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlagebeschluß an das BVerfG. verfassungsrechtliche Prüfung der Krankengeldberechnung nach § 47 Abs 2 S 1 SGB 5 in der ab 1.1.1997 geltenden Fassung. Nichtberücksichtigung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

Ist die Regelung des § 47 Abs 2 S 1 SGB 5 in der ab 1.1.1997 geltenden Fassung mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar, soweit danach einmalig gezahltes Arbeitsentgelt bei der Berechnung der Höhe des Krankengeldes von Versicherten unberücksichtigt bleibt bzw einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nur nach Maßgabe des § 47a SGB 5 in der Fassung des Gesetzes zur sozialrechtlichen Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vom 12.12.1996 (BGBl I 1859) berücksichtigt wird, obwohl es gem § 23a SGB 4 nach dem 31.12.1996 zu Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen worden ist, während bei der Personengruppe derjenigen, die lediglich aus laufendem Arbeitsentgelt Krankenversicherungsbeiträge zahlen, jedoch ein gleich hohes beitragspflichtiges Jahresarbeitsentgelt wie die Angehörigen der erstgenannten Gruppe erzielen, das Krankengeld generell aus dem gesamten, der Beitragspflicht unterliegenden, laufenden Arbeitsentgelt bemessen wird?

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 24.05.2000; Aktenzeichen 1 BvL 1/98)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger von der Beklagten ab dem 02.01.1998 gewährten Krankengeldes.

Der 1965 geborene Kläger ist von Beruf Elektromonteur und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Ab dem 21.11.1997 war er arbeitsunfähig erkrankt und erhielt von seinem Arbeitgeber 6 Wochen Entgeltfortzahlung. Im Oktober 1997 erhielt der Kläger Weihnachtsgeld in Höhe von 851,46 DM, so dass sich für diesen Monat ein Gehalt von 4.294,58 DM brutto ergab. Ausgehend von diesem Bruttoeinkommen berechnete der Arbeitgeber den Krankenversicherungsbeitrag des Klägers und führte diesen zusammen mit den Beiträgen zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung an die Beklagte ab.

Nach Aufforderung durch die Beklagte erstellte der Arbeitgeber am 12.01.1998 zur Berechnung des Krankengeldes eine Entgeltbescheinigung. Danach erzielte der Kläger im letzten abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, nämlich im Oktober 1997, nach Abzug des einmalig gezahlten Arbeitsentgeltes einen Bruttoverdienst von 3443,12 DM und einen Nettoverdienst von 2446,35 DM.

Ausgehend von dieser Bescheinigung berechnete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 28.01.1998 Krankengeld ab dem 02.01.1998 in Höhe von DM 68,37 pro Kalendertag brutto.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 10.02.1998 Widerspruch ein mit der Begründung, die Einmalzahlung von Oktober 1997 sei bei der Berechnung des Krankengeldes nicht berücksichtigt worden. Mit Schreiben vom 06.04.1998 bekräftigte er seinen Widerspruch und legte die Lohnbescheinigung für Oktober 1997 vor.

Mit Bescheid vom 22.06.1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Das Krankengeld sei entsprechend der Vorschrift des § 47 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) korrekt berechnet worden. Ausgehend von dem letzten. Lohnabrechnungszeitraum vom Oktober 1997 sei die Höhe des Krankengeldes korrekt ermittelt worden. Das Regelentgelt werde nach § 47 Abs. 2 SGB V berechnet, wobei für die Berechnung des Regelentgeltes das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen sei, für die es gezahlt werde. Dementsprechend könne der Betrag für das Weihnachtsgeld in Höhe von 851,46 DM bei der Berechnung des Krankengeldes nicht berücksichtigt werden.

Mit seiner am 20.07.1998 beim Sozialgericht Leipzig eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die von der Beklagten erlassenen Bescheide seien zwar in Übereinstimmung mit dem einfachen Gesetzesrecht ergangen; die maßgebliche Vorschrift des § 47 SGB V sei jedoch wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verfassungswidrig. Danach erhielten Bezieher gleich hoher Arbeitsentgelte, die auch gleich hohe Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung gezahlt hätten, bei kurzzeitigen Lohnersatzleistungen unterschiedlich hohe Sozialleistungen, wenn Einmalzahlungen anfielen, die zwar der Beitragspflicht unterlägen, aber bei der Bemessung der Lohnersatzleistung nicht berücksichtigt würden. Habe z.B. ein Arbeitnehmer ein Jahresarbeitsentgelt in Höhe von 43.200,00 Brutto in 12 gleichen Monatsbeiträgen zu 3600,00 DM erhalten, werde hier auf der Basis von 3600,00 DM gem. § 47 SGB V das Krankengeld berechnet. Habe er dagegen 13,5 Monatsgehälter erhalten, blieben 1,5 Monatsgehälter -- in diesem Beispiel also DM 5400,00 -- bei der Leistungsberechnung nach dem § 47 Abs. 2 Satz 1 SGB V unberücksichtigt und das Krankengeld werde lediglich auf der Basis eines Bruttoarbeitsentgeltes von 3600,00 DM berechnet.

Zu diesem Sachverhalt habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschlu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge