Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Höhe der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen. Rechtsanwaltsgebühr bei Beendigung des Verfahrens durch ein angenommenes Anerkenntnis

 

Orientierungssatz

1. Wird der Rechtsstreit durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, so dass ein Termin nicht stattgefunden hat, so ist die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG dennoch entstanden. Die Regelung soll verhindern, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruchs stattfinden müssen.

2. Bei Erledigung eines Rechtsstreites durch ein angenommenes Anerkenntnis ist bei der Höhe der fiktiven Terminsgebühr zu berücksichtigen, dass das Anerkenntnis im Termin lediglich noch der Annahme bedurft hätte.

3. Angesichts des anwaltlichen Aufwands für den nicht stattgefundenen Termin erscheint die Hälfte der Mittelgebühr kostenrechtlich angemessen.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 30. Januar 2009 - S 15 SB 187/07 - wird zurückgewiesen.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.

 

Gründe

Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Erinnerung der Erinnerungsführerin ist nicht begründet.

Der angefochtene Kostenfestesetzungsbeschluss ist rechtmäßig und hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Gebührenbetrag in Höhe von 440,30 € ist kostenrechtlich nicht zu beanstanden.

Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt das Gericht zunächst gemäß § 142 Abs. 2 S. 3 SGG auf die ausführlichen und uneingeschränkt zutreffenden Ausführungen der Urkundsbeamten in dem angefochtenen Beschluss - S 15 SB 187/07 - vom 30. Januar 2009 Bezug und macht sich diese zur Vermeidung nicht gebotener Wiederholungen zu Eigen. Die Urkundsbeamtin hat den gebührenrechtlichen Sachverhalt vollständig und rechtsfehlerfrei gewürdigt, so dass es nur der folgenden Ergänzungen durch das Gericht bedarf.

Hinsichtlich der festgesetzten Terminsgebühr , die dem Rahmen der Nr. 3106 VV-RVG zu entnehmen ist, gilt Folgendes: Erweist sich das Betreiben eines Geschäfts einschließlich der Information nach allen Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG als durchschnittliche Leistung, ist die Mittelgebühr von 200,00 € angemessen. Liegen Schwierigkeit, Wert und Bedeutung der Sache unter oder über diesem Mittelwert, bietet sich eine entsprechende Quotierung, mithin eine Über- oder Unterschreitung dieser Mittelgebühr an.

Der Rechtsstreit wurde durch die Annahme eines Anerkenntnisses beendet, so dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG ist dennoch entstanden.

Durch die Regelung der Nr. 3106 VV-RVG (Ziffern 1 bis 3) soll verhindert werden, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruchs stattfinden müssen; sie bietet einen Anreiz für den Rechtsanwalt, auf die Durchführung des Termins zu verzichten. Die Anwendung der Grundsätze des § 14 RVG auf die “fiktive" Terminsgebühr nach Nr. 3106 - Ziffer 1 bis Ziffer 3 - VV RVG ist mit dem Problem behaftet, dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat und dessen Schwierigkeit und Aufwand für den Prozessbevollmächtigten damit nicht bewertet werden können. Die Kammer vertritt die Auffassung, dass bei der Bemessung der Terminsgebühr auf den hypothetischen Aufwand abzustellen ist, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Somit ist eine fiktive Vergleichsbetrachtung anzustellen, in welcher Höhe ein Gebührenanspruch voraussichtlich entstanden wäre, wenn ein Termin stattgefunden hätte (vgl. hierzu etwa auch Sozialgericht Lüneburg, Beschluss vom 25. August 2008, - S 6 SF 78/08 sowie vom 24. Januar 2008, - S 6 SF 29/07; so auch Beschlüsse des Sozialgerichts Lüneburg vom 19. April 2007 - S 15 SF 48/06; vom 20. April 2007 - S 15 SF 141/04; vom 02. Mai 2007 - S 15 SF 51/06; vom 22. November 2007 - S 15 SF 81/07; vom 17. Januar 2008 - S 15 SF 80/07; vom 24. Januar 2008 - S 15 SF 55/07; vom 25. Januar 2008, - S 15 SF 113/07 sowie Beschluss vom 27. Mai 2008, - S 15 SF 43/08).

Das Gesetz eröffnet in Ziffer 3106 VV-RVG daher erneut den Gebührenrahmen in vollem Umfang und knüpft nicht an die Höhe der Verhandlungsgebühr an. Gäbe es für die Festlegung der Terminsgebühr nicht die Möglichkeit einer eigenständigen Festsetzung unter Beachtung aller der in § 14 RVG festgelegten Kriterien, hätte es der Eröffnung eines Gebührenrahmens nicht bedurft. Dafür spricht auch die Tatsache, dass der Normgeber in denjenigen Fällen, in denen keine Betragsrahmengebühren entstehen, einen festen Wert - nämlich nach Nr. 3104 VV-RVG einen solchen von 1,2 - festgeschrieben hat. Daher ist es auch nicht gerechtfertigt - diese Auffassung vertritt der Erinnerungsgegner offenbar in sämtlichen diesen Problemkomplex betreffenden Kostenfestsetzungsverfahren - in diesen Fallkonstellationen grundsätzlich nur ...

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