Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage des Anfalls einer hypothetischen Terminsgebühr
Tenor
Unter Zurückweisung der Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichtes Lüneburg vom 8. Februar 2006 - Aktenzeichen: S 25 AS 27/05 - insoweit abgeändert, als dass die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreites auf 545,20 € festgesetzt werden.
Gründe
I.
Gegenstand der sowohl von der Klägerin als auch von der Beklagten eingelegten Erinnerung ist der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 8. Februar 2006.
In dem zu Grunde liegenden Rechtsstreit stritten die Beteiligten um die der Klägerin zu gewährenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Im Kern ging es darum, ob der Tochter der Klägerin Sozialgeld gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten kann, wenn der eheähnliche Partner der Klägerin nur der Stiefvater der Tochter der Klägerin ist.
Gegen die mit Bescheid vom 20. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2005 erfolgte Anrechnung des Einkommens des Stiefvaters der Tochter der Klägerin erhob diese durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage.
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2005 anerkannte die Beklagte das Klagebegehren mit entsprechenden Bewilligungsbescheid vom gleichen Tage.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat sodann am 12. Dezember 2005 Kostenfestsetzung in Höhe eines Betrages von 545,20 € beantragt. Sie hat eine Verfahrensgebühr gemäß § 14, Nr. 3102 VV-RVG in Höhe von 250,-- €, eine Terminsgebühr gemäß § 14, Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 200,-- €, eine Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,-- € sowie 16 % MwSt. nach Nr. 7008 VV-RVG in Höhe von 75,20 € zu Grunde gelegt.
Unter dem 8. Februar 2006 har der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle Kosten in Höhe von 429,20 € festgesetzt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG in Höhe von 250,-- €, einer Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 100,-- €, der Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV-RVG in Höhe von 20,-- € sowie der MwSt. nach Nr. 7008 VV-RVG in Höhe von 59,20 €. Zur Begründung hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle ausgeführt, Ausgangspunkt für den Aufwand der fiktiven Terminswahrnehmung sei zunächst die Mittelgebühr nach Ziff. 3106 VV-RVG. Von besonderer Bedeutung bei der Prüfung, welche Terminsgebühr angemessen sei, sei Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die sich nur abstrakt bestimmen lasse. Durch die Regelung, dass eine Terminsgebühr auch entstehe, wenn zwar kein Termin stattfand, aber ein Anerkenntnis angenommen wurde, solle verhindert werden, dass gerichtliche Termine allein zur Wahrung des Gebührenanspruches statt finden müssen; sie böten einen Anreiz für den Rechtsanwalt, auf die Durchführung des Termins zu verzichten. Die Festsetzung nur der Mindestgebühr entspreche allerdings nicht dem Willen des Gesetzgebers, denn der Ansatz einer nur sehr geringen Gebühr würde keinerlei Anreiz für den Rechtsanwalt schaffen, ein Anerkenntnis außerhalb eines Gerichtstermins für die Mandantschaft anzunehmen. Nach Überzeugung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle könne erst die Festsetzung einer Gebühr in Höhe etwa der halben Mittelgebühr der VV-Nr. 3106 dazu führen, dass der Rechtsanwalt sich dazu entschließe, eine mündliche Verhandlung vermeidbar zu machen.
Mit Schriftsätzen vom 13. Februar 2006 bzw. vom 15. Februar 2006 haben die Beteiligten das Gericht angerufen. Die Beklagte ist der Auffassung, bei der Bemessung der fiktiven Terminsgebühr sei von einem hypothetischen Aufwand auszugehen, der bei Durchführung eines Termins im konkreten Verfahrensstadium voraussichtlich entstanden wäre. Der Prozessbevollmächtigte solle lediglich den wirtschaftlichen Ersatz für die Gebühren erhalten, die er bei Beharren auf eine Terminsdurchführung auch erhalten hätte. Insoweit sei vorliegend nur die Mindestgebühr in Höhe von 20,-- € anzusetzen.
Die Klägerin ist hingegen der Auffassung, entgegen den Ausführungen im Kostenfestsetzungsbeschluss sei eine Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr, also in Höhe von 200,-- € entstanden. Der Gesetzgeber habe eine gebührenrechtliche Gleichstellung der realen und der fiktiven Terminsgebühr bei Anerkenntnis vorgenommen, so dass sich keine Unterscheidung hinsichtlich der Über- oder Unterdurchschnittlichkeit im Bereich der fiktiven Terminsgebühr treffen lasse.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat den Erinnerungen mit Nichtabhilfebeschlüssen vom 16. Februar 2006 sowie vom 26. April 2006 nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Erinnerungen der Beteiligten sind zulässig.
Die Erinnerung der Klägerin ist auch begründet, die Erinnerung der Beklagten hingegen unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Festsetzung einer Verfahrens- und einer Terminsgebühr in Höhe der jeweiligen Mittelgebühr. Eine Differenzierung z...