Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Prozesskostenhilfevergütung des Rechtsanwalts in einem Verfahren des Schwerbehindertenrechts
Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe der Prozesskostenhilfevergütung in einem schwerbehindertenrechtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen; hier insbesondere zur Bemessung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV-RVG und der (fiktiven) Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV-RVG sowie zur Nichtentstehung der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005/1006 VV-RVG.
Orientierungssatz
1. Bei unterdurchschnittlichem Umfang, durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, durchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit und unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Mandanten erscheint eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG unterhalb der Mittelgebühr in Höhe von 170.- €. als angemessen.
2. Die Höhe der fiktiven Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist nach den auf den hypothetischen Termin bezogenen Kriterien des § 14 RVG zu bestimmen. Bei einer weit unterdurchschnittlichen Angelegenheit, durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlichem Aufwand und durchschnittlicher Bedeutung für den Mandanten ist eine Terminsgebühr in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr, also von 100.- €. angemessen.
3. Bei der Beendigung eines Verfahrens durch die Annahme eines den Rechtsstreit vollständig erledigenden Anerkenntnisses fällt die Einigungsgebühr nach Nr. 1002, 1005, 1006 VV RVG nicht an.
Tenor
Die Erinnerung sowie die Anschlusserinnerung gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 05. Januar 2009 - S 30 AS 1428/08 - werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Der Erinnerungsführer macht als beigeordneter Rechtsanwalt einen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung aus Prozesskostenhilfemitteln der Staatskasse geltend.
Die Erinnerung des Erinnerungsführers vom 13. Januar 2009 und die Anschlusserinnerung des Erinnerungsgegners vom 29. April 2009 bleiben erfolglos.
Der beigeordnete Rechtsanwalt ist im Verfahren über die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung aus Prozesskostenhilfemitteln (neben der Staatskasse) gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - (RVG)) allein erinnerungsbefugt (vgl. etwa Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 56, Rdn. 6); das Rubrum war dementsprechend von Amts wegen zu berichtigen. Insoweit liegt auch der Hinweis des Erinnerungsführers neben der Sache, es handele sich vorliegend um einen Rechtsstreit zwischen der vormaligen Klägerin und der vormaligen Beklagten. Vielmehr handelt es sich - worauf der Erinnerungsgegner bereits zutreffend hingewiesen hat - um ein eigenständiges Verfahren mit denjenigen Beteiligten, die sich aus dem von Amts wegen berichtigten Rubrum ergeben.
Die danach gemäß § 56 Abs. 1 RVG gegen die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 05. Januar 2009 - S 30 AS 1428/08 - erhobene Erinnerung der Erinnerungsführerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Gleiches gilt für die erhobene Anschlusserinnerung des Erinnerungsgegners.
Die angefochtene Kostenfestsetzung erweist sich nämlich im Ergebnis als rechtmäßig und hält daher der beantragten gerichtlichen Überprüfung stand. Der von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle festgesetzte Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 345,10 € ist kostenrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Erinnerungsführer hat eine Verfahrensgebühr in Höhe eines Betrages von 170,00 € (dazu unter 1.) sowie eine Terminsgebühr in Höhe eines Betrages von 100,00 € (dazu unter 2.) nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer verdient; eine Einigungs-/Erledigungsgebühr ist demgegenüber nicht entstanden (dazu unter 3.).
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Zwar gilt Satz 4 der Vorschrift nicht, wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem um die Höhe des Prozesskostenhilfevergütungsanspruches gestritten wird, weil die Staatskasse nicht Dritter, sondern Vergütungsschuldner ist. Dennoch findet zu ihren Gunsten eine Billigkeitskontrolle statt (Gerold/Schmidt - Müller-Rabe, RVG, § 55, Rdn. 29). Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungs...