Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsgebühr. Grundsicherung für Arbeitssuchende. Betragsrahmengebühr. Erledigungsgebühr. Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Gebührenbemessung in Verfahren nach den Bestimmungen des SGB 2, in denen Betragsrahmengebühren entstehen; zu Anfall und zur Höhe einer Erledigungsgebühr (vgl hierzu insbesondere BSG vom 2.10.2008 - B 9/9a SB 5/07 R = ASR 2009, 53).
Tenor
Auf die Erinnerung der Kläger und Erinnerungsführer vom 16. Januar 2009 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 08. Januar 2009 - S 27 AS 960/06 - werden die von der Beklagten und Erinnerungsgegnerin zu erstattenden notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits endgültig auf einen Betrag in Höhe von 761,60 € festgesetzt.
Dieser Betrag ist seit dem 05. November 2008 mit jährlich fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen anfechtbar.
Gründe
Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren noch um die Höhe des Gesamtvergütungsanspruches des Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsführer für ein Klageverfahren, das einerseits die Leistungsgewährung und andererseits die Aufhebung und Erstattung von zuvor bewilligten Leistungen nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) zum Gegenstand hatte. Das Klageverfahren erledigte sich, nachdem die Beklagte und Erinnerungsgegnerin (im Folgenden: Erinnerungsgegnerin) dem Begehren durch den Erlass eines Änderungsbescheides teilweise entsprochen hatte, durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Beteiligten. Umstritten ist nunmehr noch, ob der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer auch eine Erledigungsgebühr beanspruchen kann.
Die gemäß § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Erinnerung ist im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen ist sie unbegründet und war zurückzuweisen.
Der angefochtene Kostenfestesetzungsbeschluss hält der beantragten gerichtlichen Überprüfung nicht stand. Kostenrechtlich angemessen ist es, einen Gesamtvergütungsanspruch in Höhe eines Betrages von 761,60 € festzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer kann nämlich neben der antragsgemäß festgesetzten Verfahrensgebühr auch eine Erledigungsgebühr in Höhe eines Betrages von 190,00 € beanspruchen.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, - L 1 B 320/05 SF SK, zitiert nach juris). Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen. Dies gilt sowohl für die Verfahrens- und Terminsgebühr (vgl. Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12. September 2006, a. a. O. sowie Keller in jurisPR-SozR 10/2006, Anm. 6) als auch für die der Einigungs- bzw. Erledigungsgebühr.
Was die Bestimmung der angemessenen Gebühr innerhalb des jeweiligen Gebührenrahmens angeht, entspricht es allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass die Mittelgebühr ein angemessenes Äquivalent für die anwaltliche Tätigkeit in einem in jeder Hinsicht durchschnittlichen Streitverfahren darstellt. Davon ausgehend sind sodann Abschläge für unterdurchschnittliche und Zuschläge für überdurchschnittliche Verfahren vorzunehmen. Dabei kann im Übrigen etwa die Überdurchschnittlichkeit eines Bewertungskriteriums durch die Unterdurchschnittlichkeit anderer Bewertungskriterien kompensiert werden.
Die hier in Rede stehende Erledigungsgebühr nach Nr. 1002, 1005 und 1006 VV-RVG ergibt sich aus einem Betragsrahmen zwischen 30,00 € und 350,00 €; die Mittelgebühr beträgt insoweit 190,00 €. Die Mittelgebühr ist daher dann angemessen, wenn Umfang und Schwierigkeit der Erledigung, die Bedeutung, das Haftungsrisiko und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in jeder Hinsicht ...