Nachgehend
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 20. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2020 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für Fachleistungsstunden (FLS) für den Monat Oktober 2018, nachdem die Klägerin in diesem Monat eine Rentennachzahlung erhalten hatte.
Die Klägerin, geboren 1991, ist infolge einer Schizophrenie in paranoider Form sowie einer Agoraphobie mit Panikstörung als Schwerbehinderte anerkannt (Grad der Behinderung 70). Sie ist voll erwerbsgemindert und bezog eine bis zum 31. August 2020 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung, die sich vom 16. April 2018 bis 31. Juni 2019 nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner auf 1.066,19 Euro netto monatlich belief und seit dem 1. Juli 2019 1.100,77 Euro netto beträgt.
Über einzusetzendes Vermögen verfügt die Klägerin nicht. Ihr entstehen monatliche Kosten an Unterkunft und Heizung von insgesamt 360,00 Euro, wobei der Klägerin ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist, so dass der Beklagte diese Kosten vollständig bei der Bedarfsberechnung der Klägerin berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 20. Juni 2017 bis zum 30. Juni 2018 Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§ 53ff. Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) in Form des Betreuten Wohnens. Bewilligt wurden 147 FLS pro Jahr zu einem Vergütungssatz von 63,95 Euro pro Stunde. Dabei werden die Leistungen erbracht durch die BI Sozialpsychiatrie in A-Stadt.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2018 bewilligte der Beklagte erneut Kosten in gleicher Anzahl von FLS pro Jahr und zum gleichen Vergütungssatz für den Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2019.
Mit Bescheid vom 11. Dezember 2019 bewilligte der Beklagte der Klägerin erneut ihren Antrag auf Kostenübernahme in einem gesteigerten Rahmen von 198 FLS pro Jahr zum Vergütungssatz der Vorjahre für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020.
Im Zeitraum der zweiten Bewilligung der FLS durch den Beklagten erhielt die Klägerin eine Rentennachzahlung am 26. Oktober 2018 i.H.v. 2.374,54 Euro.
Daraufhin forderte der Beklagte mit Bescheid vom 20. November 2019 Aufwendungsersatz nach § 19 Abs. 5 SGB XII für die im Monat Oktober 2018 geleisteten Aufwendungen in Höhe von 783,39 Euro. Diesen Betrag ermittelte er rechnerisch wie folgt: 147 FLS/Jahr x 63,95€ / 12 Monate.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 22. November 2019 Widerspruch, mit dem sie geltend machte, dass die Rentennachzahlung nicht als einmalige Zahlung anzusehen, sondern auf die Monate April bis Oktober zu verteilen sei. Dies hätte zur Folge, dass sie unterhalb der Freibetragsgrenze bleiben würde und eine Beteiligung an den Kosten für die FLS ausgeschlossen sei. Zudem sei die Festlegung der FLS so gestaltet, dass diese über das ganze Jahr flexibel und nicht starr pro Monat wahrgenommen werden könnten. Wenn sich die Bewilligung der Sozialleistung auf ein ganzes Jahr erstrecke, müsse auch bei Fragen der Kostenerstattung auf das Einkommen des betreffenden Jahres abgestellt werden. Für diesen Zeitraum habe sie 12.794,28€ Rente erhalten, womit die monatliche Freigrenze (1.144€) nicht überschritten sei.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2020 zurück. Die gewährten 147 FLS pro Jahr seien umgerechnet 12,25 FLS im Monat, wodurch sich bei Kosten i.H.v. 63,95 Euro pro Stunde regelmäßige monatliche Betreuungskosten von 783,39 Euro ergäben. Bei einer festen monatlichen Betrachtung, wie durch die Klägerin angeführt, würden sich im Monat Oktober des Jahres 2018 die Kosten auf 1.034,07 Euro (FLS im Umfang von 970 Minuten = 16,17 Std. x 63,95 Euro) belaufen. Darüber hinaus sei die Nachzahlung als laufende Einnahme und eben nicht als einmalige Einnahme zu bewerten.
Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit seinem Urteil vom 24. April 2015 festgestellt, dass eine Rentennachzahlung aus laufenden Einnahmen keine einmalige Einnahme darstelle, so dass die einmalige Zahlung aus laufenden Einnahmen nur in dem Monat anzurechnen sei, in dem sie zur Verfügung stehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 21. Januar zum Sozialgericht Marburg erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin auf ihre Ausführungen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren verweist.
Sie beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 20. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich insbesondere auf die genannte Rechtsprechung des BSG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Prozessakte verwiesen, die bei der Entscheidungsfindung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte ohne mündliche...