Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang und Schwierigkeit einer rentenrechtlichen Streitigkeit. Erledigungsgebühr nach Teilanerkenntnis. Kostengrundentscheidung im Erinnerungsverfahren
Orientierungssatz
1. Der Umfang eines Rentenverfahrens ist überdurchschnittlich, wenn schriftliche sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte sowie mindestens ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt wird.
2. Wird ein Teilanerkenntnis angenommen fällt eine Erledigungsgebühr nach Nr 1006 VV RVG an.
3. Im Erinnerungsverfahren ist in entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 S 1 SGG eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Es handelt sich um eine besondere Angelegenheit iS des § 18 Nr 5 RVG.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die Höhe der von Beklagten der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten.
Mit ihrer am 3. August 2006 erhobenen Klage (Az: S 2 R 2848/06) wandte sich die Klägerin gegen die im Bescheid der Beklagten vom 12. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2006 verfügte Ablehnung der Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und begehrte eine solche Rente ab Januar 2006. Das Gericht befragte zunächst vier behandelnde Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte sodann Stellungnahmen der Beteiligten hierzu ein. Anschließend holte das Gericht von Amts wegen ein nervenärztliches Sachverständigengutachten bei Dr X ein. Die Beklagte erkannte mit Schriftsatz vom 14. August 2007 aufgrund dieses Gutachtens an, dass die Klägerin seit Januar 2006 voll erwerbsgemindert sei, und erklärte sich bereit, Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Februar 2006 in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Außerdem erklärte sie sich bereit, die außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach in voller Höhe zu übernehmen.
Die Klägerin nahm dieses Anerkenntnis am 24. August 2007 zur Erledigung des Rechtsstreites an. Zugleich legte sie eine Kostennote über einen Gesamtbetrag in Höhe von 1.110,21 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit Antragstellung vor. Der Betrag setzt sich zusammen aus einer Verfahrensgebühr gemäß Nr 3102 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 460 €, einer Terminsgebühr nach Nr 3106 VV RVG in Höhe von 200 €, einer Erledigungsgebühr nach Nr 1005, 1002 VV RVG in Höhe von 220 €, einer Pauschale für Post und Telekommunikation nach Nr 7002 VV RVG in Höhe von 20 € sowie einer Dokumentenpauschale für Ablichtungen nach Nr 7000 Nr 1 VV RVG in Höhe von 32,95 € sowie Umsatzsteuer nach Nr 7008 VV RVG in Höhe von 177,26 €. Da im vorliegenden Verfahren um Rente wegen voller Erwerbsminderung gestritten worden sei, was für sie von existenzieller und wirtschaftlich überdurchschnittlicher Bedeutung gewesen sei, sei für die Verfahrensgebühr der Ansatz der Höchstgebühr angemessen.
Die Beklagte erklärte sich bereit, Gebühren in Höhe von 598,51 € zu übernehmen. Der Betrag setzt sich zusammen aus einer Verfahrensgebühr gemäß Nr 3102 VV RVG in Höhe von 250 €, einer Terminsgebühr gemäß Nr 3106 VV RVG in Höhe von 200 €, einer Auslagenpauschale gemäß Nr 7002 VV RVG in Höhe von 20 €, einer Dokumentenpauschale gemäß Nr 7000 VVV RVG in Höhe von 32,95 € sowie der entsprechenden Mehrwertsteuer. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen, da die bloße Annahmeerklärung eines vollen Anerkenntnisses hierfür nicht ausreiche, da in diesem Fall keine Mühe aufzuwenden sei, den Mandanten davon zu überzeugen, das volle Anerkenntnis anzunehmen. Auch die Einlegung und Begründung der Klage reiche nicht aus, um von einem Mitwirken in diesem Sinne auszugehen. Die angeführte überdurchschnittliche Bedeutung wegen der existenzsichernden Dauerleistung werde durch die eher unterdurchschnittlichen Vermögensverhältnisse kompensiert. Die Erstattung der jeweiligen Mittelgebühren sei daher ausreichend und angemessen.
Die Klägerin erwiderte hierzu, dass eine Erledigungsgebühr angefallen sei; es seien durchaus besondere Bemühungen erforderlich gewesen, die Klägerin zur Annahme des Anerkenntnisses zu bewegen. Das Anerkenntnis habe sich auf die Gewährung von Rente ab dem 1. Februar 2006 bezogen; eine solche Rente sei jedoch ab Januar 2006 begehrt gewesen.
Die Beklagte wies sodann darauf hin, dass bei dem vorliegenden Teilanerkenntnis zwar eine Einigungsgebühr, aber keine Terminsgebühr angefallen sei.
Die Klägerin verzichtete sodann auf die Geltendmachung der Erledigungsgebühr (sic!), hielt ihren Kostenfestsetzungsantrag im übrigen aber aufrecht.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die der Klägerin durch die Beklagte zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 9. April 2008 auf 586,61 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. August 2007 fest. Der Betrag setzt sich zusammen aus einer Verfahrensgebühr gemäß Nr 3102 VV RVG in Höhe von 250 €, einer Einigungsgebühr gemäß Nr 1006 VV RVG in Höhe von 190 €, einer Auslagenpauschale gemäß Nr 7002 VV RVG in Höhe von 20 €, einer Dokumentenpauschale gemäß...