Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Vergütungsanspruch. Volljurist ohne Zulassung als Rechtsanwalt. Tätigwerden vor Gericht in eigener Sache
Orientierungssatz
Ein Volljurist, der weder als Rechtsanwalt zugelassen ist, noch die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten besitzt, kann keine Gebühren und Auslagen nach dem RVG für Tätigkeiten vor Gericht in eigener Sache erstattet verlangen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als Volljurist, ohne Zulassung als Anwalt, Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geltend machen kann. In dem Rechtsstreit (S 9 AS 648/06) gegen die Arbeitsgemeinschaft Landkreis M. (ARGE) wegen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, wurden der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 3/10 auferlegt (Beschluss vom 12.12.2007).
In seinen Kostenfestsetzungsgesuchen vom 03.12.2007, 28.12.2007 und 11.08.2008 machte der Kläger Gebühren und Auslagen nach dem RVG geltend. Im einzelnen be-rechnete er eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VVRVG in Höhe von 120,00 EUR, nach Nr. 7000 VVRVG Kopierkosten für 132 Kopien in Höhe von insgesamt 37,30 EUR, nach Nr. 7001 VVRVG Porti für sechs Briefe in Höhe von 5,80 EUR, insgesamt 203,60 EUR.
Der Urkundsbeamte teilte dem Kläger mit, eine Festsetzung der außergerichtlichen Kosten nach dem RVG sei nicht möglich, da der Kläger weder als Rechtsanwalt, Prozessagent, bzw. Rentenberater zugelassen sei. Die entstandenen Kosten (Briefmarken, Fotokopien, usw.) seien deshalb im einzelnen nachzuweisen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.08.2008 setzte der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Würzburg die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten auf 1,61 EUR fest. Dieser Festsetzung legte er folgende Berechnung zu Grunde:
Auslagen Porti (Klageeinreichung) 2,30 EUR Auslagen Porti (Schriftsatzübersendung) 0,55 EUR Sonstiges (Briefumschläge, Schreibmaterial) 2,50 EUR
Insgesamt: 5,35 EUR
Von der Beklagten sei zu erstatten 3/10 von 5,35 EUR = 1,61 EUR (Beschluss vom 12.12.2007).
Zur Begründung führte der Urkundsbeamte aus, es sei unstrittig, dass der Kläger keine Zulassung als Rechtsanwalt besitze. Auch der vorgetragenen Argumentation, dass er seine Gebühren analog eines Rechtsbeistandes, sprich Prozessagenten nach dem RVG abrechnen könne, werde nicht gefolgt, da dem Kläger keine Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nach dem Rechtsberatungsgesetz (RBerG) erteilt worden sei.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 02.09.2008 Erinnerung ein. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen der Kostenfestsetzungsgesuche. Ergänzend trug er vor, als Volljurist müsse ihm eine Abrechnung nach dem RVG möglich sein.
Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte den Vorgang zur endgültigen Entscheidung dem erkennenden Gericht vor.
Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist zulässig (§ 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG-). Sie ist jedoch nicht begründet. Ein höherer Betrag, als der vom Urkundsbeamten festgestellte, steht dem Kläger nicht zu.
Der Kläger kann keine Vergütung nach dem RVG geltend machen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RVG bemisst sich die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten nach diesem Gesetz.
Das RVG gilt grundsätzlich nur für den Rechtsanwalt und für Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist. D.h. nur Rechtsanwälte, die bei einem Gericht des Bundesgebietes als solche zugelassen sind, können nach dem RVG abrechnen. Das RVG gilt daneben auch für die Vergütung von Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß. Auf andere Personen, die in erlaubter Weise tätig werden, ist das RVG auch nicht stillschweigend anzuwenden (vgl. Gerold Schmidt, Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Auflage, zu § 1 Rdnr. 1, 5, 6 u. 7). Deshalb kann z.B. auch der Anwaltsnotar (Notaranwalt) in der Regel nicht die Anwaltsgebühren fordern, wenn er in Handlungen tätig wird, die dazu bestimmt sind, eigene Amtsgeschäfte als Notar vorzubereiten oder auszuführen (Gerold Schmidt a.a.O. zu § 1 Rndr. 8). Demgemäß kann auch der Kläger, der weder als Rechtsanwalt zugelassen ist, noch die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten besitzt, nach dem RVG abrechnen.
Er kann lediglich die nachgewiesenen notwendigen Auslagen erstattet bekommen. Das sind lediglich die Auslagen für die Porti. Dies wären 2,85 EUR. Davon stehen dem Kläger aufgrund des Beschlusses der 9. Kammer vom 12.12.2007 3/10 zu. Dies wären 0,86 EUR. Der Kostenbeamte hat ausgehend von einem Betrag von 5,35 EUR dem Kläger 1,61 EUR (3/10 von 5,35 EUR) zugesprochen.
Eine Verböserung (Reformatio in peius) findet nicht statt. Denn grundsätzlich ist eine im Rechtsbehelfsverfahren vorgenommene Änderung e...