Leitsatz

Beträge, die als "Angeld" im Rahmen von steuerpflichtigen Beherbergungsdienstleistungen geleistet werden, sind in Fällen, in denen der Erwerber von der Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber diese Beträge einbehält, als pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens nicht als umsatzsteuerpflichtig anzusehen.

 

Sachverhalt

Ein Unternehmen betreibt in Frankreich eine Kureinrichtung mit Hotel- und Restaurationsbetrieb. Das von den Kurgästen bei der Reservierung eines Aufenthalts entrichtete "Angeld" wird entweder bei der späteren Bezahlung der Leistungen des Aufenthalts vom Preis abgezogen oder bei Verzicht des Kurgastes auf seinen Aufenthalt einbehalten. Die französische Steuerverwaltung unterwarf die bei Stornierung einbehaltenen Anzahlungen als Gegenleistung für eine steuerbare Reservierungsleistung der Umsatzsteuer.

Das gezahlte Angeld ist nur dann die tatsächliche Gegenleistung für eine bestimmbare (Reservierungs)Leistung des Hotelbetreibers, wenn sie im Rahmen eines Rechtsverhältnisses erbracht wurde. Im Urteilsfall bestand für beide Vertragsparteien die Möglichkeit ihre Verpflichtung rückgängig zu machen (bei der das Angeld leistende Vertragspartei unter Verlust des Angelds und bei dem Hotelbetrieb bei doppelter Rückzahlung des Angelds). In beiden Fällen erfolgte keine Prüfung, ob die andere Partei weitere Ansprüche geltend machen könnte. Hier liegt nach Auffassung des EuGH ein echter nicht der Umsatzsteuer unterliegender Schadensersatz vor.

Die Einbehaltung des Angelds ist die Folge der Ausübung einer dem Gast eröffneten Rücktrittsmöglichkeit und dient dem Hotelbetreiber als Entschädigung nach dem Rücktritt. Eine solche Entschädigung stellt kein Entgeltfür eine Dienstleistung dar. Außerdem besteht die Vorschrift, dass bei einer auf den Hotelbetreiber zurückgehenden Nichterfüllung des Vertrags das Doppelte des als Angeld geleisteten Betrags zurückzuzahlen ist, ebenfalls dafür, das Angeld als pauschalierte Rücktrittsentschädigung und nicht als Vergütung einer Leistung einzuordnen. In einem solchen Fall erbringt der Gast dieses Betreibers offensichtlich keine Leistung an diesen.

 

Hinweis

Im Urteilsfall war der Rücktritt bei der zurücktretenden Person vollständig von den Folgen der Nichterfüllung des Vertrags befreit. Tritt danach der Gast vor Reisebeginn vom Vertrag zurück und hat er für diesen Fall eine in dem Reisevertrag vorab vereinbarte Stornogebühr zu entrichten, liegt beim Reiseveranstalter ebenfalls echter Schadensersatz vor (vgl. Abschn. 272 Abs. 14 UStR).

 

Link zur Entscheidung

EuGH, Urteil v. 18.07.2007, C-277/05.

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