Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der einem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren in einem Verfahren über Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren über Leistungen der Grundsicherung unterdurchschnittlich, die Schwierigkeit noch durchschnittlich, die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger überdurchschnittlich, so ist bei dessen unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG unterhalb der Mittelgebühr festzusetzen.
2. Bei einer deutlich unterdurchschnittlichen Dauer des Termins von 5,7 Minuten beträgt die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG 100.- €. .
3. Bei gleichen zugrunde liegenden Voraussetzungen wie bei der Verfahrensgebühr ist die Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 2/3 der Mittelgebühr festzusetzen.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 10. Juni 2015 aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 4 AS 1911/11 auf 434,80 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für ein Verfahren beim Sozialgericht Meiningen (SG), in dem der Beschwerdeführer die Klägerin vertrat (S 4 AS 1911/1).
Sie begehrte den Änderungsbescheid vom 27. Juni 2007 (Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Klägerin und ihren Sohn T. für die Zeit vom 1. August 2006 bis 31. Januar 2007) und den Überprüfungsbescheid vom 15. März 2011 (Überprüfungsanträge vom 16. Februar 2011 betreffend u.a. die Bewilligungsbescheide in den Leistungszeiträumen vom 1. Juli 2006 bis 31. Januar 2011) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2011 (Geschäftszeichen: W 1366/11) dahingehend abzuändern, dass ihr Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe bewilligt werden. Des Weiteren begehrte sie eine Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid. Zur Begründung führte der Beschwerdeführer aus, die berücksichtigten Kosten der Unterkunft (KdU) entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen; die nachgewiesenen KdU seien der Höhe nach angemessen und mit Ausnahme der Kosten für die Warmwasserversorgung auch vollständig als Bedarf anzuerkennen. Die Klägerin habe der Beklagten eine vollständige Aufstellung der KdU zukommen lassen, woraus sich ein auf sie und ihren Sohn entfallender Betrag von 89,20 Euro monatlich ergebe. Die Beklagte bringe aber insoweit nur 32,41 Euro monatlich in Ansatz, weil sie einige Positionen gar nicht berücksichtige. Völlig außen vor blieben die geltend gemachten Kosten für Renovierung und Instandhaltung, welche die Beklagte ohne nachvollziehbare Begründung gar nicht anerkenne. Zudem wäre grundsätzlich ein Mehrbedarf bei Alleinerziehenden von 124,20 Euro anstatt 124,00 Euro zu berücksichtigen gewesen. Auch die Einkommensanrechnung der Beklagten sei fehlerhaft. Insbesondere habe die Klägerin für ihren Sohn T. im Dezember 2006 keinen Unterhaltsvorschuss erhalten. Mit Beschluss vom 23. Februar 2013 bewilligte das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) und ordnete den Beschwerdeführer bei.
Am 4. März 2013 wurden in einer 114 Minuten dauernden Verhandlung insgesamt 20 anhängige Rechtsstreitigkeiten der Klägerin und weiterer Beteiligter verhandelt. U.a. in dem hier maßgeblichen Rechtsstreit schlossen die Beteiligten einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte sich verpflichtete binnen vier Wochen für die streitgegenständlichen Zeiträume die Kosten der Unterkunft unter Zugrundelegung des in der mündlichen Verhandlung Besprochenen neu zu berechnen. Die Beklagte verpflichtete sich grundsätzlich 30 v.H. der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu übernehmen, es sei denn den Klägern wäre im Widerspruchsverfahren eine höhere Kostenquote zuerkannt worden. Im Übrigen erklärten die Beteiligten das Verfahren für erledigt.
Unter dem 2. Mai 2013 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Vergütung:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV-RVG |
170,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG |
200,00 Euro |
Einigungsgebühr Nr. 1006, 1005 RVG |
190,00 Euro |
Fahrkosten und Abwesenheitsgeld Vorb. Nr. 7 VV RVG |
4,39 Euro |
Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
584,39 Euro |
Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG |
111,03 Euro |
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Summe |
695,42 Euro |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 12. August 2014 die zu zahlende Vergütung auf 475,27 Euro (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG 85,00 Euro, Einigungsgebühr Nr. 1006 VV-RVG 190,00 Euro, Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV-RVG 75,88 Euro) fest.
Dagegen hat der Beschwerdeführer un...