Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Vergütungsfestsetzung. Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren. Verbot der reformatio in peius
Orientierungssatz
1. Hat das Sozialgericht die Rechtsanwaltsvergütung für einen beigeordneten Rechtsanwalt durch Beschluss auf einen bestimmten Betrag festgesetzt und war die Beschwerde des Beschwerdegegners gegen die Kostenfestsetzung auf einen konkreten Betrag beschränkt, so ist wegen des Grundsatzes der reformatio in peius eine Herabsetzung der Vergütung unter diesen Betrag weder im Erinnerungs- noch im Beschwerdeverfahren möglich.
2. Legt die Staatskasse selbst keine Erinnerung ein, garantiert dies die Festsetzung auf die Gesamthöhe der von der Vorinstanz zuerkannten Gebühren (vgl LSG Erfurt vom 15.4.2015 - L 6 SF 331/15 B).
3. Wird von der Staatskasse nur in eingeschränktem Umfang Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung eingelegt, garantiert dies, dass die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nicht unterhalb dieses Betrages festgesetzt wird.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 10. März 2016 (S 13 SF 323/15 E) geändert und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdegegners für das Verfahren S 13 AS 1659/11 auf 494,16 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwalts-vergütung für das beim Sozialgericht (SG) Nordhausen anhängig gewesene Verfahren S 13 AS 1659/11 in dem der Beschwerdeführer den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. vertrat.
Gegenstand der am 21. Februar 2011 erhobenen Klage waren die Gewährung von Akteneinsicht, die Abänderung des Bescheides vom 14. Dezember 2010 (Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 1. Januar bis 30. April 2011 in Höhe von 163,25 €, für die Zeit vom 1. Mai bis 9. Mai in Höhe von 48,98 €, vom 10. Mai bis 31. Mai in Höhe von 114,27 € und vom 1. bis 30. Juni 2011 in Höhe von 163,25 €) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2011 (W 461/11), die Zahlung von Leistungen in gesetzlicher Höhe sowie die Abänderung der Kostenentscheidung im Widerspruchsverfahren. Die Ablehnung der beantragten Akteneinsicht sei rechtswidrig. Hierdurch habe nicht hinreichend geprüft werden können, ob die angegriffene Entscheidung rechtmäßig erfolgt sei oder nicht. Laufende und einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) würden nach § 22 Abs. 1 SGB II in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit sie angemessen seien. Die von der Beklagten berücksichtigten KdU entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die Rundungsregelung nach § 41 Abs. 2 SGB II sei anzuwenden. Die Beklagte habe insoweit dem Widerspruch der Kläger abgeholfen, dennoch die Kostenübernahme im Widerspruchsverfahren verweigert. Des Weiteren sei aus dem Ausgangsbescheid nicht ersichtlich gewesen, wie sich das anzurechnende Einkommen im Einzelnen errechne, insoweit habe es nach § 35 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) an der Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe gefehlt. Soweit die formelle Rechtswidrigkeit im Widerspruchsverfahren durch entsprechende Darlegung des Rechenweges geheilt worden sei, seien den Klägern nach § 63 Abs. 1 SGB X die Kosten der Rechtsverfolgung dennoch zu erstatten. Mit Schriftsatz vom 30. November 2011 hat er klageerweiternd beantragt, die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides vom 1. November 2011 (W 5324/10) insoweit abzuändern, dass die Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in allen Widerspruchsverfahren in voller Höhe zu tragen habe und die Hinzuziehung des Beschwerdeführers für notwendig erachtet werde. Im Erörterungstermin am 17. April 2012, der von 12:05 Uhr bis 13:20 Uhr dauerte, verhandelte das SG drei weitere Rechtsstreitigkeiten der Kläger und deren Familienangehörigen und wies darauf hin, dass bei den Nebenkosten, die durch den Beklagten berücksichtigt wurden, Schornsteinfegergebühren nicht enthalten seien. Aufgrund der Warmwassererwärmung mittels eines Boilers sei ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II zu prüfen. Der Rechtsstreit wurde vertagt. Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 teilte der Beschwerdeführer mit, der Mehrbedarf für die Warmwassererwärmung sei in den Bescheiden nicht ausgewiesen. Im Erörterungstermin am 7. Juni 2013, der von 9:00 Uhr bis 12:21 Uhr dauerte, verhandelte das SG vier weitere Rechtsstreitigkeiten der Kläger und deren Familienangehörigen und wies darauf, dass sich für diesen Zeitraum kein höherer Leistungsanspruch ergebe. Der Beschwerdeführer erklärte den Rechtsstreit für erledigt und beantragte eine Kostenentscheidung. Mit Beschluss vom 24. Juli 2013 bewilligte das SG den Klägern Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung. Mit Beschluss vom 12. Dezember 2013 verpflichtete das...