Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung eines im PKH-Verfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses auf die Beteiligten des PKH-Verfahrens

 

Orientierungssatz

Am Festsetzungsverfahren nach § 55 RVG sind nur der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt und die Staatskasse beteiligt. Die im Verfahren der PKH ergangene Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entfaltet gegenüber den Beteiligten des Hauptsacheverfahrens keine Rechtskraftwirkung. Der ergangene Beschluss ist gegenüber unbeteiligten Dritten nichtig und tatsächlich wirkungslos.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers werden der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 23. August 2016 und der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juni 2013 aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 13 AS 944/10).

Mit der im Februar 2010 erhobenen Klage (Az.: S 13 AS 944/10) hatten die von dem Beschwerdeführer vertretenen Kläger zu 1. bis 3. höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. November 2009 bis 30. April 2010 begehrt. Die berücksichtigten Kosten der Unterkunft (KdU) entsprächen nicht den tatsächlichen Verhältnissen; die nachgewiesenen KdU seien der Höhe nach angemessen und mit Ausnahme des in der Regelleistung enthaltenen Anteils der Kosten für die Warmwasserbereitung auch als Bedarf anzuerkennen. Zudem sei der angegriffene Bescheid bereits wegen des Verstoßes gegen die Rundungsvorschrift des § 41 Abs. 2 SGB II rechtswidrig. Rein vorsorglich werde auch Klage gegen die abgesenkte Regelleistung für Kinder unter 14 Jahre erhoben. Des Weiteren werde die Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens begehrt. Im Erörterungstermin am 16. November 2012 nahm der Beschwerdeführer die Klagen bezüglich der Kläger zu 1. und 2. zurück. Bezüglich des Klägers zu 3. erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 4,06 € für den Zeitraum vom 1. November 2009 bis 30. April 2010 an. Mit Beschluss am 16. November 2012 hat das SG dem Kläger zu 3. Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt und Rechtsanwalt Maurer beigeordnet.

Unter dem 3. Dezember 2012 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG

170,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG

200,00 Euro

Post- und Telekommunikationsentgelt Nr. 7002 VV-RVG

    20,00 Euro

Zwischensumme

390,00 Euro

USt     

    74,10 Euro

Summe 

464,10 Euro

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juni 2013 in dem Rechtsstreit der Kläger zu 1. bis 3. vertreten durch den Beschwerdeführer gegen die Beklagte, die dem Beschwerdeführer im Rahmen der PKH zustehende Vergütung auf 178,50 Euro fest. Sie ermittelte die festzusetzenden Gebühren unter Berücksichtigung des Punkteschemas nach dem sogenannten "Kieler Kostenkästchen" (vgl. hierzu: Senatsbeschluss vom 6. November 2014 - Az.: L 6 SF 1022/14 B) und setzte die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV-RVG in Höhe von 60,00 Euro, die Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG in Höhe von 70,00 Euro fest.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung eingelegt und vorgetragen, die Verfahrensgebühr sei auf 170,00 Euro (Mittelgebühr), die Terminsgebühr Nr. 1006 VV-RVG auf zumindest 100,00 Euro festzusetzen. Im Rubrum beim SG wird der Beschwerdeführer als Erinnerungsführer ausgewiesen. Mit Beschluss vom 23. August 2016 hat das SG die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juni 2013 zurückgewiesen.

Gegen den am 5. September 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 13. September 2016 Beschwerde eingelegt und die Festsetzung der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung auf 464,10 Euro beantragt. Der Beschwerdegegner vertritt die Ansicht, der Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 55 RVG sei grob rechtswidrig und damit nichtig und tatsächlich wirkungslos. Er verweist auf den Senatsbeschluss vom 12. Mai 2015 (Az.: L 6 SF 115/15 B, nach juris). Der Beschwerdeführer hat dem zugestimmt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des 6. Senats die Berichterstatterin des Senats.

Anzuwenden ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) in der Fassung bis 1. August 2013 (a.F.), denn die Beiordnung des Beschwerdeführers ist davor erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert übersteigt 200,00 Euro.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG vom 25. Juni 2013 und der Beschluss der Vorinstanz waren aufzuheben. Für jedermann erkennbar und damit grob rechtswidrig hatte die UdG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Juni 2013 gegen Unbeteiligte ...

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