Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der in einem Verfahren der Grundsicherung angefallenen Rechtsanwaltsgebühren

 

Orientierungssatz

1. Bei einem unterdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit in einem Verfahren der Grundsicherung, dessen durchschnittlicher Schwierigkeit, überdurchschnittlicher Bedeutung für den Kläger und dessen unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 3/4 der Mittelgebühr festzusetzen.

2. Bei einer Terminsdauer von 4 Minuten ist die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe der halben Mittelgebühr festzusetzen.

3. In Anlehnung an die Bemessung der Verfahrensgebühr ist eine nach Nrn 1006, 1005 VV RVG angefallene Einigungsgebühr in Höhe von 3/4 der Mittelgebühr festzusetzen.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 11. April 2016 (S 38 SF 392/15 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers für das Verfahren S 38 AS 3612/08 auf 590,84 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für das beim Sozialgericht Altenburg (SG) anhängig gewesene Verfahren (S 38 AS 3612/08), in dem der Beschwerdeführer den Kläger ab dem 13. April 2011 vertrat.

Der Kläger hatte sich mit der am 1. Oktober 2008 durch andere Prozessbevollmächtigte erhobenen Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 23. Juli 2008 (Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit ab dem 22. Juli 2008 wegen Umzugs und dadurch Wechsel der Zuständigkeit) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2008 gewandt. Der Beschwerdeführer zeigte am 13. April 2011 seine Mandatsübernahme an und beantragte Akteneinsicht. Mit Schriftsatz vom 5. Mai 2011 übersandte er die Verwaltungsakte zurück. Unter dem 30. August 2011 begehrte er eine Entscheidung über den noch durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten gestellten Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Mit Schriftsatz vom 1. September 2011 (Eingang beim SG: per Fax um 16:04 Uhr) begründete er die Klage. Mit Beschluss vom 13. September 2011 änderte das SG seinen Beschluss vom 5. Oktober 2010 und bewilligte dem Kläger ab dem 30. August 2011 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers.

Mit einer weiteren am 20. November 2008 beim SG eingegangenen Klage (S 38 AS 4273/08) hatte sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 16. September 2008 (Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB II≫ für die Zeit vom 22. bis 31. Juli 2008 wegen Umzugs und Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 130,22 € ) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Oktober 2010 (W 2379/08) gewandt. Die Schriftsätze des Beschwerdeführers in diesem Verfahren waren - bis auf den Austausch des Aktenzeichens - gleichlautend mit den Schriftsätzen in dem Verfahren S 38 AS 3612/08.

Am 15. September 2011 verhandelte das SG die beiden Verfahren des Klägers in einer 8 Minuten dauernden mündlichen Verhandlung. Die Beklagte beschränkte dort die Aufhebung und Erstattung auf die Kosten der Unterkunft in Höhe von 84,00 € und erklärte, sie trage 35 v.H. der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Unter dem 30. September 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren S 38 AS 4273/08:

 Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

 250,00 €

 Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

 200,00 €

 Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG

 190,00 €

 Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG

 20,00 €

 Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG am 15.09.2011

 48,00 €

 Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG

 20,00 €

 Kopierkosten Nr. 7000 VV RVG

20,00 €

 Zwischensumme

 740,50 €

 Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

 140,70 €

Summe

881,20 €

Mit Verfügung vom 4. November 2011 teilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) dem Beschwerdeführer mit, die zu zahlende Vergütung betrage 721,74 € (Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG: 250,00 €, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 100,00 €, Einigungsgebühr Nr. 1006: 190,00 €, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 24,00 €, Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 10,00 €, Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG 12,50 €, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 115,24 €). Die geltend gemachten Auslagen und Fahrtkosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) seien entsprechend der Verfahren anteilig einzusetzen. Die Auszahlung des Betrages sei veranlasst.

Mit Kostennachricht nach § 59 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 11. Januar 2013 forderte das SG die Beklagte aufgrund ihrer Kostenbeteiligung in dem Klageverfahren S 38 AS 4273/08 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 238,...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge