Verfahrensgang
SG Gotha (Urteil vom 26.02.1997; Aktenzeichen S 1 U 657/95) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Sozialgerichts Gotha vom26. Februar 1997 dergestalt abgeändert, daß die Beigeladene unter Aufhebung des Bescheids vom 26. September 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1995 verurteilt wird, die Lärmschwerhörigkeit des Klägers als Berufskrankheit Nr. 50 der Anlage zur 1. Durchführungsbestimmung zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und ihm Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. ab 1. Januar 1992 zu gewähren.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beigeladene hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger eine Unfallrente aufgrund einer Berufskrankheit Nr. 50 der Anlage zur 1 Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Verhütung, Meldung und Begutachtung von Berufskrankheiten (Liste der Berufskrankheiten) vom 21. April 1981 (GBl I Nr. 12 S 139; im folgenden: 1 DB z. BerufskrVO) zusteht.
Der 1931 geborene Kläger war nach Tätigkeiten in der Landwirtschaft in Polen von Juni 1957 bis Ende 1965 als Kernmacher und Former in der Kernmacherei und von 1966 bis Ende Juni 1991 als Meister für Kernmacherei und Putzerei in der Gießerei des VEB Weimar-Werk (später: Weimar-Werk GmbH) tätig. In dieser Zeit war er einer Lärmexposition zwischen 96 dB (A) und 98 dB(A) ausgesetzt.
Nach eigenen Angaben leidet der Kläger seit 1981 unter einer zunehmenden Schwerhörigkeit sowie häufig auftretenden Ohrgeräuschen beiderseits Seit 1992 benutzt er ein Hörgerät für das linke Ohr.
Auf die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit des HNO-Arztes Dr. … vom April 1991 holte die Beklagte unter anderem ein Audiogramm des Hörgerate-Akustikers Klinker vom 25. Juni 1991, eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes der Beigeladenen vom 5. Januar 1993 sowie ein HNO-fachärztliches Gutachten der Dr. … vom 31. März 1993 ein.
Nach dem Gutachten liegt bei dem Kläger eine annähernd symmetrische gering- bis mittelgradige Schallempfindungsschwerhörigkeit vom baso-cochleären Typ vor. Die altersphysiologischen Hörverlustwerte wurden beiderseits deutlich überschritten. Als Ursache der Hörminderung müsse überwiegend die über 30jahrige Tätigkeit des Klägers im Lärmmilieu angesehen werden. Die aus der Schwerhörigkeit resultierende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 15 v.H.
In der abschließenden Stellungnahme zum Berufskrankheitenverfahren vom 4 Juni 1993 empfahl der gewerbearzhliche Dienst des Landesamtes für Soziales und Familie Thüringen, die beginnende Larmschnverhorigkeit nicht als Berufskrankheit nach Nr. 59 der Anlage zur 1 DB z. BerufskrVO anzuerkennen, da diese noch ohne soziale Bedeutung sei.
Mit Bescheid vom 26. September 1994 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit mit der Begründung ab, die nach dem Ergebnis der audiometrischen Untersuchung festgestellten Hörverluste rechtfertigten eine MdE von 15 v. H. Die Hörstörung besitze danach keine soziale Bedeutung und könne nicht als Berufskrankheit anerkannt werden.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 1995 zurück.
Auf die Klageerhebung hat das Sozialgericht mit Beschluß vom 7. Juni 1995 die Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft nach § 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen und einen Befundbericht des Dr. … eingeholt. Der Sachverständige Prof. Dr. … hat sich in seinem Gutachten vom 26. April 1996 der aus dem Sprachaudiogramm errechneten MdE von 15 v.H. des Vorgutachtens angeschlossen und wegen des zusätzlichen erheblichen Tinnitus, der auch schon während der beruflichen Tätigkeit aufgetreten sei, eine MdE von 20 v. H. ab 1 Januar 1992 vorgeschlagen.
Nach den Ausführungen des Sachverständigen in der Sitzung vom 26. Februar 1997 war ein Aufschlag von 10 v. H. für Tinnitus auch zu DDR-Zeiten durchaus üblich. Zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben am 30. Juni 1991 habe sicherlich eine MdE von 20 v.H. vorgelegen. Das Tonaudiogramm vom 25. Juni 1991 weise eher schlechtere Hörverhältnisse auf als bei der Untersuchung durch Dr. ….
Mit Urteil vom 26. Februar 1997 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. September 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1905 verurteilt, dem Kläger ab 1. Januar 1992 wegen Lärmschwerhorigkeit Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. zu gewahren und ausgeführt, neben der Hörminderung sei auch der beim Kläger bestehende Tinnitus MdE-steigernd zu berücksichtigen. Die Beurteilungsrichtlinien der früheren DDR seien kein fortgeltendes Recht der DDR. Hinsichtlich der Beurteilung einer MdE sei auf den im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Kenntnisstand abzustellen.
Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ausgeführt, die Feststellung der sozialen Bedeutung der Lärmsc...