Leitsatz (amtlich)

1. Für einen Rechtsmittelgegner besteht regelmäßig keine Veranlassung, kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen, wenn das Rechtsmittelgericht den Rechtsmittelführer auf die Sach- und Rechtslage hinweist und eine Rüchnahme des Rechtsmittels binnen einer Frist anregt (Anschluss an BGH, Beschluss vom 10.11.2009 - VIII ZB 60/09).

2. Bei der Stellung des Zurückweisungsantrages in dem Rechtsmittelverfahren handelt es sich nicht lediglich um eine zum ersten Rechtszug gehörende Neben- und Abwicklungstätigkeit im Sinne des § 19 ABs. 1, S. 1 RVG (Anschluss an Senat, Beschluss vom 13.01.2016 - 1 W 17/16).

 

Normenkette

VV RVG Nr. 3200; VV RVG Nr. 3201; VV RVG Vorbem. 3 Abs. 2; RVG § 19 Abs. 1, § 19 S. 1, §§ 2, 13; FamFG § 80; ZPO § 91 Abs. 1 S. 1, § 91 HS. 2

 

Verfahrensgang

AG Rudolstadt (Beschluss vom 08.01.2016; Aktenzeichen 5 VI 64/11)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des AG Rudolstadt vom 08.01.2016, Az. 5 VI 64/11, abgeändert:

Die von dem Beteiligten zu 1 an die Beteiligte zu 2 nach dem Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 15.09.2014 - 6 W 170/14 zu erstattenden Kosten werden auf 995,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 05.10.2015 festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1 zu 69 % und die Beteiligte zu 2 zu 31 %.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.436,57 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegen den Beschluss des AG Rudolstadt vom 17.02.2014 - 5 VI 64/11, durch den der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 22.03.2001 auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen wurde, erhob der Beteiligte zu 1 Beschwerde. Der Beschwerde half das AG mit Beschluss vom 11.04.2014 nicht ab. Eine Ausfertigung des Beschlusses erhielt auch die Beteiligte zu 2. Nach auch der Beteiligten zu 2 übersandtem rechtlichen Hinweis durch das Thüringer Oberlandesgericht vom 24.03.2014 nahm der Beteiligte zu 1 die Beschwerde mit Schriftsatz vom 08.05.2014 zurück. Mit Schriftsatz vom 21.05.2014 beantragte die Beteiligte zu 2 die Zurückweisung der Beschwerde. Nach dem Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 15.09.2015 - 6 W 170/14 hat der Beteiligte zu 1 die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 22.09.2015 beantragte die Beteiligte zu 2 für das Beschwerdeverfahren die Festsetzung ihrer notwendigen Auslagen in einer Gesamthöhe von 1.436,57 EUR. Dabei legte die Beteiligte zu 2 eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG von 1,3 zugrunde.

Der zu diesem Antrag angehörte Beteiligte zu 1 hält eine Kostenfestsetzung für unbegründet. Der Beteiligte zu 2 sei an dem Beschwerdeverfahren nicht beteiligt gewesen, habe keinen Schriftsatz eingereicht und auch keinen Antrag gestellt.

Mit Beschluss vom 08.01.2016 setzte die Rechtspflegerin die der Beteiligten zu 2 von dem Beteiligten zu 1 zu erstattenden Kosten auf 1.436,57 EUR fest. Gegen den dem Beteiligten zu 1 am 18.01.2016 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 18.01.2016, mit der der Beteiligte zu 1 im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt.

Mit Beschluss vom 16.02.2016 hat die Rechtspflegerin der "sofortigen" Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, § 85 FamFG, §§ 104 Abs. 2, 567 ff. ZPO.

In der Sache hat die sofortige Beschwerde in dem tenorierten Umfang Erfolg.

Zunächst ist durch die Einreichung des Schriftsatzes vom 21.05.2014 durch den Beteiligte zu 2, mit dem die Zurückweisung der Beschwerde des Beteiligten zu 1 beantragt wurde, gemäß §§ 2, 13 RVG iVm Nr. 3200 VV RVG iVm Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG eine 1,6-fache Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts entstanden.

Hiervon ist jedoch die Frage zu unterscheiden, ob die Beteiligte zu 2 diese Kosten von dem Beteiligten zu 1 erstattet verlangen kann. Dies setzt nach § 80 FamFG, 91 Abs. 1 S. 1 HS. 2 ZPO voraus, dass der Antrag auf Zurückweisung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Die Erstattung der aufgewendeten Kosten kann eine Partei dabei nur insoweit erwarten, als sie der ihr aus dem Prozessrechtsverhältnis obliegenden Pflicht nachgekommen ist, die Kosten möglichst niedrig zu halten (BGH, Beschluss vom 23.10.2013 - V ZB 143/12, juris Rn. 7 mwN). Für einen Rechtsmittelgegner besteht regelmäßig keine Veranlassung, kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen, wenn - wie vorliegend in dem dem Beteiligten zu bekanntgegebenen Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23.04.2014 - das Rechtsmittelgericht den Rechtsmittelführer auf die Sach- und Rechtslage hinweist und eine Rücknahme des Rechtsmittel binnen einer Frist anregt (BGH, Beschluss vom 10.11.2009 - VIII ZB 60/09, juris Rn. 10). Denn nach der vorteilhaften Ankündigung des Rechtsmittelgerichts, in der zugleich eine weitgehend abgeschlossene Meinungsbildung in der Beurteil...

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