Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 8 O 1045/18)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 20.04.2021, Az. 8 O 1045/18, wird verworfen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Mit ihrer erstinstanzlichen Klage vor dem Landgericht Erfurt begehrt die Klägerin Schadensersatz wegen des behaupteten Einbaus unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem von der Klägerin erworbenen Dieselfahrzeug.

Mit Beschluss vom 15.06.2020 (Bl. 371ff. Bd. II d. A.) hat das Landgericht durch den Einzelrichter das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH diverse Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vorgelegt, die vom Gericht als für den hiesigen Rechtsstreit entscheidungserheblich befunden worden sind. Das Vorlageverfahren wird bei dem EuGH unter dem Aktenzeichen C-276/20 geführt und ist dort bis zur Entscheidung in einem Leitverfahren C-100/21 ebenfalls ausgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 17.02.2021 teilte die Beklagte mit, dass sie am 16.02.2021 die streitgegenständliche Forderung nebst Zinsen überwiesen und somit vollständig erfüllt habe. Die Klägerin teilte darauf mit, den Rechtsstreit trotz Erfüllung nicht für erledigt erklären zu wollen.

Am 20.04.2021 hat das Landgericht beschlossen, dass das Verfahren ausgesetzt bleibt und der EuGH weiterhin um eine Antwort auf die Fragen aus dem Vorlagebeschluss vom 15.06.2020 ersucht werde (Bl. 433ff. Bd. III d. A.), da es das Ausgangsverfahren nicht beendet sei und die Vorlagefragen weiterhin entscheidungserheblich seien. Gegen den ihr am 06.05.2021 zugegangenen Beschluss wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 20.05.2021 (Bl. 470ff. Bd. III d.A.).

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und hat diese dem Thüringer Oberlandesgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 27.04.2022 auf den Senat als Gesamtspruchkörper übertragen (Bl. 622 Bd. IV d.A.).

Ein Ablehnungsgesuch der Beklagten in Hinblick auf den zuständigen Einzelrichter bei dem Landgericht Erfurt hat das Landgericht mit Beschluss vom 01.11.2021 als unbegründet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Thüringer Oberlandesgericht zwischenzeitlich mit Beschluss vom 14.03.2022 (Az. 6 W 414/21) zurückgewiesen.

II. Die Beschwerde der Beklagten ist unzulässig, da sie unstatthaft ist.

Ein Beschluss, mit dem ein Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt werden, ist nicht anfechtbar. Ebenso ist ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Aufhebung einer solchen Aussetzung abgelehnt wird, jedenfalls dann nicht anfechtbar, wenn sich der Antrag gegen die grundsätzliche Entscheidung richtet, dem EuGH die gestellten Fragen im Wege der Vorabentscheidung vorzulegen. Das Beschwerdegericht schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Stuttgart in seinem Beschluss vom 10.08.2022, Az. 23 W 42/21, (u.a. abrufbar unter juris) an verweist auf die dortigen Gründe:

1. Der Beschluss, mit dem der Einzelrichter das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, ist nicht anfechtbar. Gegen einen solchen Beschluss, mit dem das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 148 ZPO ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsersuchen eingeleitet wird, ist eine sofortige Beschwerde nicht statthaft.

Zwar findet gemäß § 252 ZPO gegen Entscheidungen, durch die die Aussetzung des Verfahrens angeordnet wird, die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt indes nicht, soweit das Gericht das Verfahren in Verbindung mit einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV ausgesetzt hat (OLG Stuttgart, a.a.O., Rn. 10 - 11, juris m.w.N.). Denn dem nationalen Gericht muss es im Hinblick auf das Funktionieren des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Systems der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten und den Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts freistehen, in jedem Moment des Verfahrens, den es für geeignet hält, dem Gerichtshof jede Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, die es für erforderlich hält. Die nationalen Gerichte haben ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof; zwar schließt Art. 267 AEUV nicht aus, dass gegen eine Entscheidung, mit der ein Gericht, dessen Entscheidungen mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht, die normalen Rechtsmittel des innerstaatlichen Rechts gegeben sind, die Entscheidung über ein solches Rechtsmittel kann jedoch - wenn das Ausgangsverfahren insgesamt beim vorlegenden Gericht anhängig bleibt und nur die Vorlageentscheidung Gegenstand eines beschränkten Rechtsmittels ist - nicht die dem vorlegenden Gericht eingeräumte Befugnis einschränken, den Gerichtshof anzurufen, und darf diese nicht dadurch in Frage stellen, dass das Rechtmittelgericht die Vorlageentsche...

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