Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 24.02.2006; Aktenzeichen 4 O 2028/04) |
Tenor
1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 24.02.2006 (Az.: 4 O 2028/04) abgeändert und die Klage abgewiesen.
2.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Haftpflichtversicherer neben bereits gezahlten 8000,00 DM ein weiteres Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr den immateriellen zukünftigen Schaden zu erstatten, der ihr aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 13.2.1995 ereignet hat, entstanden ist.
Die Klägerin erlitt aufgrund des Verkehrsunfalls u.a. ein Schleudertrauma an der Halswirbelsäule, verbunden mit verschiedenen Beschwerden.
Das Landgericht hat der Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 16.000,00 EUR zusätzlich zu dem bereits geleisteten Schmerzensgeld zugesprochen und dem Feststellungsantrag stattgegeben.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Gründe der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, dass die vom Landgericht vorgenommene Auslegung der Abfindungserklärung vom 18.09.1996 unzutreffend sei.
Die Ansicht, nur ganz geringfügige, unerhebliche Verschlechterungen rechtfertigten kein weiteres Schmerzensgeld, negiere die Entscheidung des BGH (VersR 80, 975), die hier entsprechende Anwendung finden müsse. Hinsichtlich der Frage, ob die Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin objektiv vorhersehbar gewesen sei, sei der Gutachter Prof. Dr. G zwar zu dem Ergebnis gelangt, dass es nicht möglich gewesen sei, eine so ungünstige Entwicklung, wie sie bei der Klägerin stattgefunden habe, vorauszusagen. Der Gutachter habe jedoch seine Bewertung auf den konkreten Krankheitsverlauf der Klägerin bezogen. Die Rechtsprechung stelle demgegenüber nicht auf eine individuelle Prognose, sondern darauf ab, ob objektiv bei dem vorhandenen Verletzungsbild mit dem Eintritt der streitigen Spätfolge gerechnet werden konnte. Die bei der Klägerin aufgrund des Urteils eingetretene somatoforme Schmerzstörung sei jedoch objektiv vorhersehbar gewesen und stelle keineswegs ein seltenes Phänomen dar.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Gera vom 24.2.2006 (Az.: 4 O 2028/04) die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Aufgrund der in dem Abfindungsvergleich vom 18.09.1996 getroffenen Sondervereinbarung käme die Entscheidung des BGH, VersR 1980, 975 nicht zum tragen. Im übrigen sei die Klägerin deshalb berechtigt, weitere Ersatzansprüche zu fordern, weil es um Verletzungsfolgen gehe, die bei der ursprünglichen Bemessung des Personenschadens noch nicht eingetreten waren.
Die Beklagte habe ferner mit ihrem Schreiben vom 26.3.2001 unzweideutig zum Ausdruck gebracht, dass sie die Ansprüche der Klägerin regulieren werde, soweit eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin eingetreten sei.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO).
Sie hat in der Sache auch Erfolg.
Das Landgericht hat der Klägerin zu Unrecht ein weiteres Schmerzensgeld zugesprochen und die Feststellungsklage antragsgemäß beschieden.
Einem Schmerzensgeldanspruch steht die zwischen den Parteien am 18.09.1996 getroffene Abfindungsvereinbarung entgegen. Danach haben die Parteien vereinbart, dass sich die Klägerin gegen Zahlung eines Betrages von noch 3000,00 DM "ein für alle mal abgefunden wegen aller Schadensersatzansprüche" gegen die Beklagte erklärt.
Die Geltendmachung eines weiteren Schmerzensgeldanspruches wurde damit grundsätzlich ausgeschlossen.
Die Klägerin kann sich entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nicht mit Erfolg auf die in der Abfindungserklärung enthaltene "Sondervereinbarung" berufen. Zwar heißt es in dieser Vereinbarung:
"Vorbehalten bleiben weitere immaterielle Ansprüche, für den Fall einer Verschlechterung der Beschwerden sowie Auslagen zur Wahrnehmung erforderlicher Heilbehandlungen." BGH Rechtsprechung (VersR 80, 975)".
Der Gesundheitszustand der Klägerin hat sich auch unstreitig seit Abschluss der Vereinbarung verschlechtert.
Dennoch ist die Geltendmachung der weiteren Schmerzensgeldansprüche auf der Grundlage dieses Vorbehaltes ausgeschlossen. Der Vorbehalt wurde nicht bedingungslos vereinbart, sondern unter den Voraussetzungen, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.07.1980 (VersR 80, 975) an die Erlangung eines Schmerzensgeldes nach einer rechtskräftigen Entscheidung gestellt hat.
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