Verfahrensgang
LG Mühlhausen (Aktenzeichen 6 O 895/19) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 01.10.2020, Az. 6 O 895/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Mühlhausen ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagte vor ihrer Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht Ansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal- und Abgasskandal geltend.
Er erwarb am 20.07.2011 von einem am Verfahren nicht beteiligten Autohaus für 29.000 EUR einen gebrauchten Pkw A... A4 2.0 TDI DPF (Erstzulassung ...). Zum Zeitpunkt des Erwerbs des Fahrzeuges durch den Kläger wies dieses eine Laufleistung von 65.712 km, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 03.09.2020 eine Laufleistung von 397.008 km auf.
Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 (Schadstoffnorm Euro 5) ausgestattet, welcher durch die Beklagte entwickelt, hergestellt und an den Fahrzeughersteller geliefert wurde. Der Motor war mit einer Software versehen, die erkennt, ob das Fahrzeug auf einem Prüfstand dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) unterzogen wird, und in diesem Fall mit der Folge in einen Stickstoff-optimierten Modus schaltet, dass auf dem Prüfstand geringere Stickoxid-Emissionswerte geriert werden als im normalen Fahrbetrieb. Nur mittels dieser sogenannten "Abschaltvorrichtung" wurden die Stickoxidgrenzwerte der Euro 5-Norm im Prüfstandmodus eingehalten.
Am 22.09.2015 informierte die Beklagte die Öffentlichkeit in Form einer Pressemitteilung erstmals darüber, dass in VW-Konzernfahrzeugen mit einem EA 189-Dieselmotor eine Software eingebaut sei, die zu auffälligen Abweichungen der Abgaswerte zwischen Prüfstands- und realem Fahrbetrieb führe. Als börsennotiertes Unternehmen veröffentlichte die Beklagte am selben Tag zudem eine Ad-hoc-Mitteilung identischen Inhalts. In der Folge gab die Beklagte im Zeitraum von Ende September bis Mitte Oktober 2015 diverse weitere Pressemitteilungen zu der Thematik heraus und informierte dergestalt die breite Öffentlichkeit darüber, dass der Dieselmotor EA 189 mit einer Abschaltvorrichtung versehen sei, die vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) als nicht ordnungsgemäß angesehen werde und daher zu entfernen sei. Die Öffentlichkeit wurde hierüber parallel auch durch das KBA unterrichtet. Zeitgleich war der sog. Dieselskandal Gegenstand einer umfangreichen Presseberichterstattung. Er beherrschte ab Ende September 2015 die deutsche Medien - seien sie regional oder überregional - und war daneben auch Gegenstand einer vielfältigen Berichterstattung internationaler Medien. Zu den Details der Ende September 2015 einsetzenden Informationspolitik der Beklagten und der umfangreichen Berichterstattung in Funk, Fernsehen, Zeitungen und Online-Medien wird auf die umfangreiche Darstellung in der Klageerwiderung vom 06.03.2020 (S. 17ff.; Bd. I, Bl. 44ff. d. A.) Bezug genommen. Der Kläger hatte im Laufe des Jahres 2015 auch Kenntnis von der Berichterstattung hinsichtlich der Manipulation von Dieselmotoren im "A...- und ...-Konzern" (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.04.2021, Bl. 390 Bd. II d.A.).
Mit einem Schreiben im Jahre 2016 informierte die Beklagte den Kläger von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeuges von der Abgasproblematik und der Erforderlichkeit eines Software-Updates zur Meidung einer Stilllegung. In der Folge wurde das Softwareupdate bei dem Fahrzeug aufgespielt.
Der Kläger hat mit Anwaltsschreiben vom 30.12.2019 unter Fristsetzung zum 06.01.2020 die Beklagte zur Zahlung eines Minderungsbetrages von 5.800 EUR nebst Freistellung von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung aufgefordert (Anlage K1a, Bl. 15ff. Bd. I d.A.). Zur Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig hatte er sich nicht angemeldet.
Mit seiner bei dem Landgericht Mühlhausen am 31.12.2019 eingegangenen Klage hat er ebenso eine infolge der Ausstattung des Fahrzeuges mit der Manipulationssoftware hervorgerufene "merkantile" Wertminderung von mindestens 20 % des Kaufpreises geltend gemacht und von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 5.800 EUR nebst Zinsen sowie der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung gefordert. Das Landgericht hatte mit Gerichtskostenrechnung vom 06.01.2020, dem Klägervertreter zugegangen am 14.01.2020, einen Gerichtskostenvorschuss angefordert, der am 23.01.2020 von dem Kläger auch eingezahlt wurde. Die Zustellung der Klage an die Beklagte erfolgte dann am 04.02.2020.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte wegen des Inverkehrbringens des mit einer gesetz...