Rz. 21
Nach § 43 Abs. 3 BetrVG ist der Betriebsrat berechtigt und auf Wunsch des Arbeitgebers oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet, eine außerordentliche Betriebsversammlung einzuberufen. Insgesamt gibt es also 3 Arten der außerordentlichen Betriebsversammlung:
- Die außerordentliche Betriebsversammlung auf Wunsch des Betriebsrats,
- die außerordentliche Betriebsversammlung auf Wunsch des Arbeitgebers und
- die außerordentliche Betriebsversammlung auf Wunsch eines Viertels der wahlberechtigten Arbeitnehmer.
Rz. 22
Beantragen der Arbeitgeber oder ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer die Einberufung, so müssen sie dabei den Beratungsgegenstand nennen, der erörtert werden soll. Beantragt der Arbeitgeber oder ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer die Einberufung der Betriebsversammlung ohne Angabe des zu erörternden Beratungsgegenstands, ist der Betriebsrat nicht verpflichtet, dem Antrag nachzukommen.
Rz. 23
Der Betriebsrat hat zu prüfen, ob der beantragte Beratungsgegenstand sich in den Grenzen des § 45 BetrVG hält und die Betriebsversammlung damit zu dessen Erörterung zuständig ist. Er prüft hingegen nicht, ob die Durchführung der Betriebsversammlung aus seiner Sicht zweckmäßig erscheint. Ist die Betriebsversammlung zur Beratung über den genannten Gegenstand nicht zuständig, muss der Betriebsrat die Einberufung ablehnen.
Rz. 24
Ist die Betriebsversammlung zulässig, so hat der Betriebsrat die Betriebsversammlung einzuberufen und den beantragten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen. Vom Zeitpunkt der von ihm beantragten Versammlung ist der Arbeitgeber nach § 43 Abs. 3 Satz 2 BetrVG rechtzeitig zu verständigen. Kommt der Betriebsrat ohne sachlichen Grund dem gestellten Antrag nicht innerhalb angemessener Frist nach, so stellt dies eine grobe Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 1 BetrVG dar.
Der Arbeitgeber kann aber auch in diesem Fall keineswegs im Wege der "Ersatzvornahme" die Betriebsversammlung selbst durchführen, sondern ist vielmehr auf den Rechtsweg verwiesen.
Rz. 25
Umstritten ist, ob für die Einberufung zusätzlich besondere Gründe erforderlich sind. Dagegen spricht, dass das Gesetz gerade in Abweichung zu § 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG diese Voraussetzungen nicht vorsieht. Überdies finden außerordentliche Betriebsversammlungen – soweit sie nicht auf Wunsch des Arbeitgebers durchgeführt werden – nach § 44 Abs. 2 BetrVG außerhalb der Arbeitszeit und ohne Entgeltzahlung statt. Sie belasten den Arbeitgeber daher nicht fühlbar. Aus diesen Gründen sind keine besonderen Gründe erforderlich, um eine außerordentliche Betriebsversammlung einzuberufen. Soweit der Betriebsrat jedoch nicht wegen eines entsprechenden Antrags des Arbeitgebers oder eines Viertels der wahlberechtigten Arbeitnehmer dazu verpflichtet ist, hat er sein bestehendes Ermessen angemessen, d. h. pflichtgemäß auszuüben.
Rz. 26
Auch die außerordentliche Versammlung gemäß § 43 Abs. 3 BetrVG kann als Voll-, Teil-, aber auch als Abteilungsversammlung einberufen werden. Zwar ist § 43 BetrVG die Möglichkeit von außerordentlichen Abteilungsversammlungen nicht zu entnehmen; sie folgt aber aus § 44 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, wonach die außerordentliche Abteilungsversammlung außerhalb der Arbeitszeit stattfindet. Dabei ist in den Fällen der Teil- und Abteilungsversammlung bei der Bestimmung des Viertels – entgegen des Gesetzeswortlauts – von den wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebsteils bzw. der Abteilung auszugehen.
Rz. 27
Zur Erreichung des Quorums für die Antragstellung dürfen die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit Unterschriften sammeln. Dadurch wird der Arbeitgeber nicht unzumutbar belastet. Insbesondere wäre das bestehende Initiativrecht der Arbeitnehmerschaft anderenfalls erheblich beeinträchtigt, weil die Arbeitnehmer außerhalb ihrer Arbeit deutlich schwerer erreichbar sind. Zu dem Recht nach § 43 Abs. 3 BetrVG, eine Betriebsversammlung zu erzwingen, gehört zwangsläufig auch das Recht, die Antragstellung vorzubereiten.
Rz. 28
Für den Ablauf der außerordentlichen Betriebsversammlung gelten die allgemeinen Grundsätze. Wie sich jedoch aus der systematischen Stellung ergibt, können weder Tätigkeitsbericht des Betriebsrats noch der Lagebericht des Arbeitgebers in der außerordentlichen Betriebsversammlung erstattet werden.
Der Betriebsrat kann, sofern die regelmäßige Betriebsversammlung im laufenden Kalendervierteljahr noch nicht stattgefunden hat, die beantragte außerordentliche Versammlung als ordentliche Betriebsversammlung durchführen.