Rz. 169

In Ermangelung einer Vereinbarung der Eltern entscheidet das Gericht in einem Eheprozess (als Nebenfrage) oder in einem gesonderten Prozess zur Regelung der elterlichen Sorge durch ein Urteil. Über die elterliche Sorge für ein minderjähriges Kind oder nötigenfalls über die Unterbringung des Kindes bei einer Drittperson hat das Gericht im Scheidungsverfahren von Amts wegen zu entscheiden, wenn kein Antrag seitens der Eltern vorliegt.

 

Rz. 170

Die gemeinsame elterliche Sorge kann auf einseitigen Antrag einer der Parteien nicht angeordnet werden.[137]

 

Rz. 171

Das Gericht trifft diejenige Entscheidung, die dem Wohl, der körperlichen, geistigen und moralischen Entwicklung des Kindes am besten entspricht.[138] Der wichtigste Gesichtspunkt ist also das Kindeswohl, deshalb sind alle diesbezüglichen Umstände eingehend zu klären (Beziehung des Kindes zu den Eltern und den Geschwistern, zu den halbbürtigen Geschwistern, Ausbildung usw.). Mit großem Gewicht kommt die eigene Meinung des Kindes darüber in Betracht bei welchem Elternteil es aufwachsen möchte; hat das Kind das 14. Lebensjahr bereits vollendet, hat seine Meinung sogar entscheidende Bedeutung. Zu prüfen sind die objektiven Lebensverhältnisse der Eltern (Sicherung der Wohnung und einer ausgeglichenen Lebensführung), wie auch ihre subjektive Erziehungsfähigkeit (Persönlichkeit, Lebensführung, Aufrichtigkeit der Zuneigung zum Kind). Bei Prüfung der Erziehungsfähigkeit und der Verbindung zwischen Eltern und Kind ist i.d.R. ein Sachverständiger heranzuziehen; sein Gutachten ist vom Gericht zusammen mit anderen Beweisen zu würdigen.

[137] § 4:165 Abs. (2) Ptk.
[138] § 4:167 Abs. (2) Ptk.

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