Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
KG klärt - u.a. - weitere Streitfrage im Anschluss an die BGH-Entscheidung vom 20.9.2000:
Beschlussfassung jedenfalls vor Ende 2000 auf Verschiebung der Wirtschafts- und Abrechnungsperiode in Abweichung zum Kalenderjahr entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung und scheitert nicht an mangelnder Beschlusskompetenz (Vertrauensschutz für Altfälle!)
Normenkette
(§ 28 Abs. 1, 3, 5 WEG)
Kommentar
1. Die Aufnahme von Vorjahressalden in Einzelabrechnungen begründen keine erfolgreiche Beschlussanfechtung, wenn sie – wie hier – in den Abrechnungen nur zur besseren Information aufgeführt wurden.
2. Sind i.Ü. nach Vortrag eines beschlussanfechtenden Antragstellers Kostenpositionen (z.B. zu den Heizkosten) nicht vollständig abgerechnet worden, wären allenfalls Ergänzungsansprüche gegeben (h.M.).
3. Auch hinsichtlich der beschlossenen Zuführung zur Instandhaltungsrücklage im Rahmen der Genehmigung eines Wirtschaftsplans steht einer Gemeinschaft ein weiter Ermessensspielraum zu, vor allen Dingen dann, wenn erhebliche Sanierungen des Gemeinschaftseigentums anstehen (h.M., vgl. auch BayObLG, NZM 2001 S. 754 = ZMR 2001 S. 815 = ZWE 2001 S. 432).
4. Im WE-Verfahren besteht auch Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Beschränkt hier ein Antragsteller in III. Instanz seinen Antrag, muss sich ein Rechtsbeschwerdegericht nur mit den neuerlich angesprochenen einzelnen Beanstandungen befassen (vgl. auch BayObLG v. 28.3.2001, ZWE 2001 S. 375).
5. Wurde nun ein Eigentümerbeschluss vor Ende 2000 gefasst, in Abweichung zum Kalenderjahr die Wirtschaftsperiode auf andere Zeiträume zu erstrecken, gebietet der Vertrauensschutz (vgl. auch hier BGH v. 20.9.2000, NJW 2000 S. 3500), Jahresabrechnungs-, Entlastungs- und Wirtschaftsplan-beschlüsse nicht allein deshalb für ungültig zu erklären, weil sie nicht für das Kalenderjahr (im Sinne des § 28 WEG), sondern für davon abweichende Wirtschaftsperioden aufgestellt wurden. Solche Eigentümerbeschlüsse liegen und lagen zumindest bis Ende 2000 innerhalb der Beschlusskompetenz der Gemeinschaft und wirken auch für alle Eigentümer gleichmäßig. Vor Bekanntwerden der BGH-Entscheidung vom 20.9.2000 handelte es sich bei solchen Änderungsbeschlüssen um solche im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Auch in der genannten BGH-Entscheidung wurde ein notwendigerVertrauensschutz für die vorausgehende Zeit ausdrücklich angesprochen und allgemein bestätigt. Vorliegend ging es auch nur allein um die Gültigkeit bestimmter Jahresbeschlüsse aus der Zeit vor 2001.
Nach früher völlig unbestrittener Rechtsmeinung konnten hier entsprechende Organisationsbeschlüsse auch auf Verschiebung einer Wirtschaftsperiode in gültiger Weise gefasst werden. Bisher ist auch keine veröffentlichte obergerichtliche Entscheidung bekannt, wonach ein Wirtschaftsplanbeschluss oder eine sich daran anschließende Jahresabrechnungsgenehmigungsbeschlussfassung allein deshalb für ungültig erklärt wurde, weil sich solche Beschlüsse nicht nach dem Kalenderjahr ausrichteten. Nach Ansicht des Senats eröffnet § 28 WEG insoweit eine umfassende Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft für die Aufbringung und Abrechnung der erforderlichen finanziellen Mittel, um ein geordnetes Finanz- und Rechnungswesen der Gemeinschaft sicherzustellen; hier bleibt es bei der autonomen Gestaltung der Eigentümergemeinschaft (im Gegensatz zu Kostenverteilungs-Änderungsbeschlüssen, die nicht in § 28 WEG, sondern in § 16 WEG geregelt sind). § 28 WEG befindet sich auch im 3. Abschnitt des Gesetzes, der sich mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums befasst. Unter dem Gesichtspunkt, dass die Festlegung der Wirtschaftsperiode lediglich eine Ordnungsfunktion hat, die i.Ü. alle Eigentümer gleichmäßig betrifft, kann hier u.U. sogar eine positive Beschlusszuständigkeit für eine bloße Verschiebung einer Abrechnungsperiode angenommen werden, die sich bei gleichbleibendem Bestand der Gemeinschaft materiell überhaupt nicht auswirkt; hierüber musste allerdings im vorliegenden Fall bei einer Beschlussfassung vor Ende 2000 nicht abschließend entschieden werden. Jedes andere Ergebnis würde nur dazu führen, dass Abrechnungsbeschlüsse wiederholt werden müssten, ohne dass sich an den Zahlungsergebnissen etwas ändern würde. Jedenfalls für die Zeit vor 2001 erscheint deshalb die Aufrechterhaltung der Abrechnungsbeschlüsse bei Abwägung der Interessen eines nur aus einem formellen Grund anfechtenden Wohnungseigentümers einerseits und der Gemeinschaft andererseits dringend geboten.
6. Dies gilt auch für die Beschlussfassung über die Fortgeltung eines vorjährig beschlossenen Wirtschaftsplans bis zur nächsten Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan (vgl. auch die vorstehend zitierte Entscheidung des Senats vom 27.2.2002, 24 W 16/02; ferner auch Gottschalg, NZM 2001 S. 950).
7. Für die Zeit ab 2001 wird jedoch – mangels abweichender Vereinbarung – die Rückkehr zum Kalenderjahr als Wirtschaftsperiode der sicherere Weg bei einer Beschlussfassung auch über einen Wirtschaftsplan sein.
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