Leitsatz
Das OLG hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587c Nr. 1 BGB in Betracht kommt, wenn der wesentlich besser verdienende Ehegatte neben seiner beruflichen Tätigkeit auch noch ein gemeinsames minderjähriges Kind betreut und die Tilgung der aus der Ehe herrührenden Verbindlichkeiten übernimmt, während der andere Ehegatte aufgrund einer psychischen Erkrankung in der Ehezeit nur teilweise und in geringem Umfang Einkünfte erzielt hat.
Die Ehefrau als Ausgleichsverpflichtete wandte sich gegen die Durchführung des Versorgungsausgleichs und berief sich insoweit zum einen auf einen am 10.10.2003 zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Vertrag, in dem u.a. vereinbart worden war, im Falle einer Scheidung den Versorgungsausgleich auszuschließen. Ferner berief sie sich auf grobe Unbilligkeit, da sie allein die ehebedingten Schulden und die alleinige finanzielle Sorge für den gemeinsamen Sohn trage.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages war der Ehemann bereits psychisch krank und wurde seit Anfang September 2003 stationär in einer psychiatrischen Einrichtung behandelt.
Das erstinstanzliche Gericht hat dem Antrag der Ehefrau nicht stattgegeben und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit der Beschwerde und verfolgte den Ausschluss des Versorgungsausgleichs weiter.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, wonach der Versorgungsausgleich zu Recht durchgeführt worden sei. Die Voraussetzungen für einen Ausschluss nach § 1587c Nr. 1 BGB seien bereits nach dem eigenen Vortrag der Ehefrau nicht gegeben.
Die Vorschriften des § 1587c BGB als Härteklauseln wollten nur Ausnahmefälle im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfassen. Deswegen seien an das Bejahen einer groben Unbilligkeit besonders strenge Maßstäbe anzulegen. § 1587c Nr. 1 BGB sei nur dann heranzuziehen, wenn die schematische Anwendung der übrigen gesetzlichen Vorschriften über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich dem Ziel des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde. Ein solcher unerträglicher Widerspruch sei insbesondere unter zwei Gesichtspunkten denkbar.
Zum einen seien dies die Fälle, in denen ein Versorgungsausgleich nach dem gesetzlichen Schema statt einer ausgewogenen sozialen Sicherung beider Ehegatten eine Überversorgung des Ausgleichsberechtigten bewirke, während der Ausgleichspflichtige die auszugleichenden Versorgungsanrechte dringend benötige, um eine ausreichende Sicherung zu erlangen.
Zum anderen komme eine grobe Unbilligkeit in Betracht, wenn die Durchführung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach dem gesetzlichen Schema auf eine Prämierung des pflichtwidrigen Verhaltens des Ausgleichsberechtigten hinauslaufe, obgleich er in schwerwiegender Weise seine Pflichten zur Gestaltung der ehelichen Lebens- und Versorgungsgemeinschaft verletzt oder beharrlich über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt habe.
Beide Voraussetzungen lagen nach Auffassung des OLG nicht vor. Weder würde die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einer Überversorgung des ausgleichsberechtigten Ehemannes führen, noch führe dessen Durchführung zu einer Prämierung eines etwaigen pflichtwidrigen Verhaltens des Ehemannes.
Die Begründung seiner geringeren Anwartschaften beruhe ausweislich der Rentenbiographie nicht auf einer Verletzung ehelicher Pflichten. Eine solche sei auch nicht darin zu erkennen, dass er in der Endphase der Ehe finanziell nicht mehr in der Lage gewesen sei, gemeinsame Schulden zu bedienen. Die psychische Erkrankung des Ehemannes sei schicksalhaft und nicht gezielt herbeigeführt worden.
Hinweis
In der Entscheidung des OLG Köln wurde der notarielle Vertrag, in dem für den Fall der Scheidung auch der Ausschluss des Versorgungsausgleichs vereinbart war, nicht problematisiert, da der Scheidungsantrag der Ehefrau vor Ablauf der Jahresfrist des § 1408 BGB zugestellt worden war, so dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB ohnehin keine Wirksamkeit entfalten konnte.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 23.06.2008, 12 UF 46/08