Leitsatz

Gegenstand dieser Entscheidung war die Beschwerdebefugnis der Versorgungsträger beim Versorgungsausgleich sowie die Frage, wann ein Wertausgleich geringfügiger Anrechte zu unterbleiben hat.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten hatten im Jahre 2005 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Antragstellers war seit dem 12.5.2010 rechtshängig. Der Antragsteller hatte während der Ehezeit ein Anrecht bei der DRV Hessen mit einem Ehezeitanteil von 0,7969 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 0,3985 Entgeltpunkten erworben. Die Ehefrau hatte bei der DRV Rheinland-Pfalz ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 3,6651 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 1,8326 Entgeltpunkten erworben. Darüber hinaus hatte sie eine private Altersvorsorge betrieben. Der Ehezeitanteil betrug als Kapitalwert 326,31 EUR, der Ausgleichswert belief sich auf 163,16 EUR.

Das AG hat nur das gesetzliche Rentenanrecht der Ehefrau geteilt. Die beiden anderen Anrechte hat es wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 2 VersAusglG von der Teilung ausgenommen.

Gegen diese Entscheidung richtete sich die Beschwerde der DRV, die die Auffassung vertrat, das Anrecht des Ehemannes bei der DRV Hessen sei trotz Geringfügigkeit zu teilen.

Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde für begründet und hat auch das Anrecht des Ehemannes bei der DRV Hessen der Teilung unterworfen.

Eine Beschwerdebefugnis sei gegeben. Ein Versorgungsträger sei durch eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu einem bei ihm bestehenden Anrecht beschwert und damit nach § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdebefugt, wenn der Versorgungsausgleich in einer mit der Gesetzeslage nicht übereinstimmenden Weise durchgeführt worden sei, unabhängig davon, ob die Entscheidung zu einer finanziellen Mehrbelastung des Versorgungsträgers führe oder nicht. Hierauf komme des nach § 228 FamFG nicht an.

Zur Begründetheit der Beschwerde führte das OLG aus, dass zunächst die Wertdifferenz der gleichartigen gesetzlichen Rentenrechte der Beteiligten nicht geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG sei. Entgegen der Auffassung des BGH in dessen Beschluss vom 30.11.2011 (FamRZ 2012, 192 ff.) könnten im Anschluss an die Prüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG einzelne Anrechte auch noch einer Geringfügigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG unterzogen werden.

Dies sei dann gerechtfertigt, wenn etwa gleichartige Anrechte bei verschiedenen Versorgungsträgern beständen und eine Verrechnung dieser Anrechte nach § 10 Abs. 2 VersAusglG nicht möglich sei. Eine Geringfügigkeitsprüfung habe auch dann stattzufinden, wenn auch der ausgleichsberechtigte Ehegatte noch ein gleichwertiges geringfügiges Anrecht habe, so dass die Herausnahme beider Anrechte dem Halbteilungsgrundsatz besser gerecht werde.

Im vorliegenden Fall müsse in Übereinstimmung mit der Auffassung des BGH (a.a.O.) das Anrecht des Ehemannes bei der DRV trotz Geringfügigkeit geteilt werden, da der Zweck des § 18 VersAusglG hohen Verwaltungsaufwand bei den Versorgungsträgern und das Entstehen von Splitterversorgungen zu vermeiden, hier nicht erreicht werden könne. Die DRV verrechne die beiderseitigen Ausgleichswerte nach § 10 Abs. 2 VersAusglG ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand. Auch bilde das private Anrecht der Ehefrau kein ausreichendes Gegengewicht zu dem gesetzlichen Anrecht des Ehemannes, das nur relativ knapp unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG bleibe.

 

Link zur Entscheidung

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.01.2012, 5 UF 381/10

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