Leitsatz
Die Entscheidung des OLG Rostock beschäftigt sich mit der Einstufung von wieder aufgenommenen Versorgungsausgleichssachen als Folgesachen und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Bestehen von Anwaltszwang.
Sachverhalt
Die Beteiligten hatten am 8.4.1971 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 6.3.2008 zugestellt. Mit rechtskräftigem Scheidungsurteil vom 13.8.2008 wurde der Versorgungsausgleich gemäß § 2 VAÜG ausgesetzt.
Nach Wiederaufnahme des Verfahrens und Einholung neuer Auskünfte der Versorgungsträger hat das AG mit Beschluss vom 24.3.2010 über den Versorgungsausgleich entschieden. Der Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 29.3.2010 zugestellt worden.
Mit am 22.4.2010 bei dem AG eingegangener, persönlich verfasster und unterzeichneter Beschwerdeschrift wandte sich die Antragsgegnerin gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich. Sie beziehe seit dem 1.3.2009 Altersrente. Laut Düsseldorfer Tabelle müsse ihr ein gewisser Selbstbehalt bleiben. Sie sei deshalb nicht bereit, den Versorgungsausgleich in der ausgeurteilten Höhe zu zahlen.
Trotz Hinweises des OLG auf den bestehenden Anwaltszwang und die daraus folgende Unzulässigkeit der Beschwerde blieb die Antragsgegnerin bei ihrem Antrag.
Ihr Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Das OLG hat die Beschwerde als unzulässig verworfen, da sie nicht formgerecht eingelegt worden sei (§ 68 Abs. 2 FamFG). Für das Verfahren gelte Anwaltszwang. Eine Beschwerde könne daher nur zulässig eingelegt werden, wenn sie durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sei.
Anwaltszwang bestehe für die geschiedenen Ehegatten - nicht für sonstige Beteiligte - in einer Versorgungsausgleichssache in erster Instanz wie auch im Beschwerderechtszug, solange das Verfahren den Charakter einer Folgesache habe (§ 114 Abs. 1 FamFG). Folgesachen seien die in § 137 FamFG aufgeführten Angelegenheiten, wenn eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen sei und ein dahingehender Antrag rechtzeitig gestellt werde. Der Charakter als Folgesache bleibe auch bei Auflösung des Verbundes grundsätzlich erhalten (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG). Dies entspreche der Rechtslage vor Inkrafttreten des FGG-RG (vgl. nur Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 628 Rz. 1, 13; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 628 Rz. 19).
Zwar würden von einem ZPO-Scheidungsverfahren abgetrennte und auch ausgesetzte Versorgungsausgleichssachen nach dem Übergangsrecht selbständig fortgeführt. Diese gesetzliche Anordnung lasse indes das Erfordernis anwaltlicher Vertretung nicht entfallen.
Für die Frage, ob eine anwaltliche Vertretung geboten sei, sei maßgebend, ob die selbständige Fortführung der Sachen die Eigenschaft als Folgesache entfallen ließe.
Die grammatikalische Auslegung des Art. 114 Abs. 4 S. 2 FGG-RG lasse beide Deutungen zu. Auch die Definition des Begriffes Folgesache führe nicht zu einer zweifelsfreien Einordnung. Zwar sei der Versorgungsausgleich weiterhin durch die Scheidung bedingt. Diese Bedingung sei allerdings materiell-rechtlich sichergestellt und bedeute nicht zwingend, dass auch die verfahrensrechtliche Verbindung erhalten bleiben müsse. Dies ergebe sich daraus, dass der Wertausgleich bei der Scheidung bereits anfänglich nicht in jedem Fall Folgesache sei. Insbesondere bei Auslandsscheidungen könne der Versorgungsausgleich auch isoliert durchgeführt werden.
Andererseits sei zu beachten, dass eine Abtrennung die Eigenschaft als Folgesache sowohl nach altem als auch nach neuem Verfahrensrecht unberührt lasse. Bei Abwägung sämtlicher Gesichtspunkte komme bei der Auslegung des Art. 111 Abs. 4 S. 2 FGG-RG der Gesetzesbegründung nach Auffassung des OLG das entscheidende Gewicht zu. Wortlaut und Gesetzeszweck ständen nicht entgegen, und die gleiche Formulierung wie in anderen Zusammenhängen stelle sich als Redaktionsversehen dar. Gründe für eine abweichende Behandlung der Übergangsverfahren ggü. dem alten wie auch dem neuen Recht seien nicht erkennbar.
Der Anwaltszwang gelte nach allgemeiner Auffassung auch für die Einlegung der Beschwerde. Dies entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Damit habe sichergestellt werden sollen, dass die Ausnahme vom Anwaltszwang nicht dazu führe, dass die Beteiligten in Verfahren, die dem Anwaltszwang unterlägen, ohne Rechtsanwalt Beschwerde einlegen könnten.
Im Übrigen hätte die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg. Allein aus dem Bezug einer Altersrente seit dem 1.3.2009 ergebe sich noch keine grobe Unbilligkeit. Der Ausschluss oder eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs sei nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil dem Ausgleichspflichtigen durch den Versorgungsausgleich nicht einmal der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibe. Eine durch den Versorgungsausgleich entstehende Bedürftigkeit des Verpflichteten könne bei der Billigkeitsabwägung nach § 27 VersAusglG allenfalls dann relevant werden, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der...