Leitsatz
Die Antragstellerin hatte gegen die erstinstanzliche Entscheidung zum Versorgungsausgleich vom 19.2.2009 befristete Beschwerde eingelegt. Zuvor hatte das AG mit Beschluss vom 29.1.2008 die Folgesache Versorgungsausgleich gemäß § 628 ZPO aus dem Verbund abgetrennt und sodann - vor dem 2.1.2009 - wieder aufgenommen.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war primär die Frage, ob auf das wieder aufgenommene Versorgungsausgleichsverfahren neues oder altes Recht in der Rechtsmittelinstanz anzuwenden ist.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war auf das weitere Verfahren gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG das seit 1.9.2009 geltende neue Verfahrensrecht anzuwenden. Das Familiengericht habe mit Beschluss vom 29.1.2008 die Folgesache Versorgungsausgleich gemäß § 628 ZPO abgetrennt. Der Status als abgetrenntes Versorgungsausgleichsverfahren sei nicht dadurch entfallen, dass das Familiengericht die Sache vor dem 1.9.2009 wieder aufgenommen und erstinstanzlich entschieden habe.
Das OLG wies darauf hin, dass es streitig sei, ob auf ein solches Verfahren "neues" oder "altes" Recht anzuwenden sei. Während teilweise im Hinblick auf den klaren Wortlaut des Gesetzes allein auf den Status "am 1.9.2009 abgetrennt" als Kriterium abgestellt und die Anwendung neuen Rechts postuliert werde, stelle das OLG Oldenburg darauf ab, ob die Sache - wie vorliegend - vor dem 1.9.2009 wieder aufgenommen und erstinstanzlich - nach altem Recht - entschieden worden sei. In einem solchen Fall soll im Beschwerdeverfahren auch nach dem 1.9.2009 noch altes Recht anwendbar sein.
Das OLG Zweibrücken schloss sich der erstgenannten Auffassung an. Nach dem Willen des Gesetzgebers liege den Übergangsbestimmungen zum Versorgungsausgleich in erster Linie der Gedanke zugrunde, den Übergang in das neue formelle und materielle Recht möglichst weitgehend und möglichst schnell zu vollziehen. In diesem Bestreben habe der Gesetzgeber sogar in Kauf genommen, in laufende Verfahren einzugreifen, indem er für die Zeit ab 1.9.2010 für die erste Instanz die Anwendung des neuen Rechts in allen noch nicht abgeschlossenen Verfahren angeordnet habe. Auch abgeschlossene Verfahren würden nicht ausgenommen, wie die Regelung des § 51 Abs. 1 und 3 VersAusglG zeige, wonach eine nach altem Recht getroffene Regelung bei einer wesentlichen Wertänderung oder im Fall einer Abweichung des nach der BarwertVO ermittelten vom tatsächlichen Wert auf Antrag nach neuem Recht abzuändern sei.
Erwägungen des Vertrauensschutzes ständen dieser möglichst weitgehenden Anwendung des neuen Rechts nicht entgegen. Auch nach dem reformierten Recht sei es wie bisher das Ziel des Versorgungsausgleichs, beiden Eheleuten die von ihnen in der Ehezeit erworbenen Anrechte wirtschaftlich jeweils zur Hälfte zuzuordnen. Auch wiege der Vertrauensschutz deswegen nicht schwer, weil die ausgeglichenen Anrechte noch nicht zum Leistungsrecht erstarkt seien.
Angesichts dieser eindeutigen und vorrangigen gesetzgeberischen Zielsetzung sei es geboten, diejenige Auslegung des § 111 Abs. 4 FGG-RG zu wählen, die dieser Zielsetzung am ehesten diene.
Eine Reduzierung des eindeutigen, alle abgetrennten Verfahren umfassenden reinen Wortlauts auf die noch nicht in erster Instanz abgeschlossenen Verfahren - wie vom OLG Oldenburg in FamRZ 2010, 983 ff. befürwortet - laufe dieser Zielsetzung entgegen.
Link zur Entscheidung
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.11.2010, 6 UF 47/09