Leitsatz

Wird außerhalb der Kurzbezeichnung einer Anwaltssozietät in deren Briefkopf der Begriff "Fachanwälte" verwendet, darf der Briefkopf keinen Zweifel an der Qualifikation der einzelnen Berufsträger aufkommen lassen. Der Hinweis auf nähere Angaben im Internetauftritt der Sozietät reicht nicht.

 

Sachverhalt

Die Verfahrensbeteiligten sind Rechtsanwaltsgesellschaften. Die Antragstellerin sah den Briefkopf der Antragsgegnerin mit der Angabe "Fachanwälte für" als irreführend an, weil er den Eindruck einer Sozietät von Spezialisten für nahezu jedes Fachgebiet erwecke, ohne die jeweiligen Fachanwälte hinreichend deutlich zu bezeichnen; unstreitig sind nicht alle Anwälte der Antragsgegnerin (an einem Kanzleisitz z.B. nur wenig mehr als die Hälfte der Anwälte) berechtigt, einen oder mehrere Fachanwaltstitel zu führen. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren vom Landgericht zurückgewiesenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung weiter. Die zuvor abgemahnte Antragsgegnerin, die vor Anbringung des Verfügungsantrags negative Feststellungsklage eingereicht hatte, rügt die Unzuständigkeit der Kölner Gerichte und verteidigt in der Sache den Zurückweisungsbeschluss.

Die Richter machten klar: Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Begriff "Fachanwälte" in der Kurzbezeichnung einer Anwaltssozietät verwendet wird. Maßgebend seien vielmehr die Umstände des Kanzleiauftritts im Einzelfall. Diese dürfen keinen Zweifel an der jeweiligen Qualifikation der benannten Berufsträger aufkommen lassen, was insbesondere auch dann zu beachten sei, wenn die Bezeichnung "Fachanwälte" mit oder ohne Angabe des Gebiets, auf das sich diese Qualifikation bezieht, außerhalb einer Kurzbezeichnung der Sozietät verwendet werde.

Im Urteilsfall enthält die rechte Spalte des Briefkopfs eine Vielzahl von Angaben, die nur zum Teil durch Fettdruck hervorgehoben sind. Nach den Umständen bestehe die naheliegende Möglichkeit, dass der Leser nach den Namen der Kanzleiorte und der dort tätigen Rechtsanwälte nur noch die fettgedruckte Zeile "Fachanwälte für" und die folgende Aufzählung zahlreicher Fachgebiete wahrnehme und auf Grund dieser Angaben den unzutreffenden Eindruck gewinne, alle aufgezählten Rechtsanwälte seien berechtigt, zumindest einen der aufgezählten Fachanwaltstitel zu führen. Eine weitergehende, den Namen der Anwälte oder den Fachgebieten hinreichend deutlich zugeordnete Aufklärung erfolge nicht.

"Der anschließende Hinweis auf den Internetauftritt der Kanzlei kann dafür nicht genügen. Unsicher ist bereits, ob er auf Grund seiner Position im unteren Teil der Spalte vom Leser des Briefkopfs überhaupt wahrgenommen wird und ob die erforderliche Aufklärung auf der angegebenen Startseite des Internetauftritts entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin dann auch wirklich erfolgt", zeigte sich das Gericht gegenüber dieser Argumentation skeptisch. Unabhängig davon reiche es zur Aufklärung der vorangegangenen zumindest mehrdeutigen Angaben auch nicht aus, dass der Leser des Briefkopfs erst nach Aufsuchen der Internetseite der Antragsgegnerin weitere für seine geschäftliche Entscheidung notwendige Informationen erhält, "weil die Werbung zu diesem Zeitpunkt bereits eine Anlockwirkung entfaltet hat, der das Irreführungsverbot ebenfalls entgegenwirken will", betonten die Richter. Im Übrigen könne keine Rede davon sein, dass eine hinreichend deutliche Zuordnung der von den Rechtsanwälten der Antragsgegnerin berechtigt geführten Fachanwaltsbezeichnungen schon auf dem Briefbogen unmöglich oder bei abschließender Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung unzumutbar  wäre.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Urteil v. 20.4.2012, 6 W 23/12.

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