Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht eines Eingebürgerten, der Meldebehörde über einen Wiedererwerb der ursprünglichen Staatsangehörigkeit Auskunft zu geben. Rechtsschutzbedürfnis trotz Ablaufs der für die Handlungspflicht festgesetzten Frist. Vollstreckung. Staatsangehörigkeitsrechts. Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO
Normenkette
StAG § 25 Abs. 1; MeldeG Art. 19; VwGO § 80 Abs. 5
Tenor
1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.750,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am … geborene Antragsteller hat am 4. Dezember 2000 die deutsche Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag hin erhalten. Zuvor, am 1. Juni 2000, ist der Antragsteller aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen worden.
Mit Bescheiden vom 15. Juli 2005 und 12. September 2005 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, ihr gegenüber schriftlich zu erklären, ob er nach dem 31. Dezember 1999 wieder die türkische Staatsangehörigkeit erworben habe. Auf diese Aufforderungen reagierte der Antragsteller nicht.
Mit Bescheid vom 28. September 2005 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, bis zum 15. Oktober 2005 zu erklären, ob er nach dem 31. Dezember 1999 wieder die türkische Staatsangehörigkeit erworben habe (Ziffer 1) und drohte für den Fall, dass er der Aufforderung aus Ziffer 1 nicht bis zum 15. Oktober 2005 nachkomme, erneut ein Zwangsgeld in Höhe von 500,– EUR an (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehbarkeit von Ziffer 1 und Ziffer 2 wurde angeordnet (Ziffer 3).
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller nach dem 1. Januar 1998 die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben habe. Nach § 25 Abs. 1 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) verliere die deutsche Staatsangehörigkeit, wer nach dem 31. Dezember 1999 eine ausländische Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag hin erwirbt. Nach Erkenntnissen des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, die von Erhebungen des Bundesministeriums des Inneren sowie des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen bestätigt werden, habe ein beachtlicher Anteil ehemals türkischer Staatsangehöriger, die die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erwarben, nach dem 1. Januar 2000 wieder die türkische Staatsangehörigkeit erworben, ohne hiervon deutsche Behörden in Kenntnis zu setzen. Deshalb seien zwischenzeitlich von den bayerischen Ausländerbehörden 43.442 Personen angeschrieben und um Abgabe einer Erklärung über den Aufenthaltsstatus gebeten worden. Der Antragsteller gehöre zu den Personen, die bis bisher weder auf das entsprechende Schreiben der Ausländerbehörde noch auf den Bescheid der Meldebehörde vom 15. Juli 2005 noch auf den mit einer Zwangsgeldandrohung versehenen Bescheid der Meldebehörde vom 12. September 2005 geantwortet haben. Die Klärung der Angelegenheit stehe daher nach wie vor aus.
Rechtsgrundlage für Ziffer 1 des Bescheides sei Art. 19 des Bayerischen Meldegesetzes (MeldeG). Danach habe ein Meldepflichtiger der Meldebehörde auf Verlangen die zur ordnungsgemäßen Führung des Melderegisters erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die zum Nachweis der Angaben erforderlichen Unterlagen vorzulegen und persönlich zu erscheinen. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 MeldeG seien die Staatsangehörigkeiten eines Meldepflichtigen zwingender Bestandteil des Melderegisters. Wenn auf Grund bestimmter Tatsachen Anhaltspunkte vorliegen würden, dass das Melderegister unrichtig sein könne, sei die Meldebehörde gemäß Art. 21 MeldeG von Amts wegen verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und das Melderegister gegebenenfalls unverzüglich zu berichtigen. Es sei davon auszugehen, dass angesichts der geschilderten Erkenntnisse die Melderegister hinsichtlich der Staatsangehörigkeitsangaben der betroffenen Personen in einem beachtlichen Maß unrichtig seien. Der Antragsteller zähle zum betroffenen Personenkreis, da er die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem 1. Januar 1998 erworben habe. Hinzu komme, dass der Antragsteller auf die Aufforderung der Ausländerbehörde und die Bescheide der Meldebehörde vom 15. Juli 2005 und 12. September 2005 keine Reaktion gezeigt habe, obwohl er dazu rechtlich verpflichtet sei. Die Richtigkeit der Melderegister sei von hoher Bedeutung. Die Melderegister seien die Grundlage für eine Vielzahl von Leistungs- und Eingriffsmaßnahmen von öffentlichen Stellen. Die Aufforderung, sich zur Staatsangehörigkeit zu äußern, führe nicht zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung. Die Meldepflicht ziele lediglich darauf ab, den entsprechenden Melderegistereintrag des Antragstellers auf seine Richtigkeit überprüfen zu können. Weniger belastende Maßnahmen seien nicht ersichtlich, da der Antragsteller bisher auf die Bescheide nicht reagiert habe. Eine entsprechende amtliche Information der Türkei liege auch nicht vor. Die Türkei weigere sich, die Namen derjenigen Personen zu nennen, die nach ihrer deutschen Einbürgerung wieder die türkische Staatsangehörigkeit erworben haben. Ein mögliches Interesse, die Wiederein...