Entscheidungsstichwort (Thema)

Korrektur einer rechtswidrigen Einbürgerung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine durch bewusste Täuschung – nämlich das Verschweigen einer gleichzeitig bestehenden, weiteren Ehe, daraus hervorgegangener Kinder und entsprechender Unterhaltsverpflichtungen – erwirkte Einbürgerung kann nach allgemeinen Rücknahmevorschriften zurückgenommen werden.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der 1946 geborene Kläger, ehemals pakistanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung.

Nachdem der mit der pakistanischen Staatsangehörigen N.N. verheiratete Kläger seit 1975 in Deutschland erfolglos mehrere Asylverfahren betrieben hatte, heiratete er 1987 in London eine deutsche Staatsangehörige. Im Hinblick auf diese Ehe erhielt er zunächst Aufenthaltserlaubnisse für die Bundesrepublik Deutschland und erwarb dann mit Einbürgerungsurkunde vom 02.08.1999 auf seinen Antrag die deutsche Staatsangehörigkeit.

Die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen war mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 10.03.1998 geschieden worden.

Mit Schreiben vom 25.09.2003 teilte die Ausländerbehörde des Landkreises A-Stadt dem Beklagten mit, auf Grund eines Visumsantrages der Frau N.N. und ihrer beiden Söhne sei bekannt geworden, dass sie der Kläger 1970 geheiratet und mit ihr sieben Kinder habe. Bei der Eheschließung in London habe er sich als ledig ausgegeben. Die Ledigkeit sei von dem englischen Standesamt nicht überprüft worden. Bei der Einbürgerung habe der Kläger diese Angaben verschwiegen.

Mit Schreiben vom 04.03.2004 wies der Beklagte den Kläger auf die vorgenannten Umstände hin und führte ergänzend aus, die deutsche Botschaft in Islamabad habe zwischenzeitlich bestätigt, dass die 1970 mit Frau N.N. geschlossene Ehe bis heute bestehe und niemals geschieden worden sei. Die Ehe mit der deutschen Staatsangehörigen sei deshalb bigamistisch geschlossen worden. In Kenntnis dieser Umstände wäre ihm durch die Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden. Ausgeschlossen wäre demnach auch die Einbürgerung gewesen. Der Inlandsaufenthalt und damit letztlich auch die Einbürgerung hätten sich auf die bigamistisch eingegangene Ehe mit der Folge gestützt, dass die Einbürgerung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erreicht worden sei, weshalb sie wegen arglistiger Täuschung rechtswidrig sei. Deshalb sei beabsichtigt, die Einbürgerung zurückzunehmen.

Der Kläger gab hierzu an, er sei zu keinem Zeitpunkt danach gefragt worden, wie viele Frauen er habe. Es sei immer nur darum gegangen, ob er mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet sei und in einer ehelichen Lebensgemeinschaft lebe. Seine hierzu gemachten Angaben seien alle vollständig und richtig gewesen. Unwahre Angaben habe der Kläger nicht gemacht und deshalb die Behörden auch nicht getäuscht. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass alles in Ordnung sei, weil in seiner Heimat die Eheschließung mit einer weiteren Frau nicht erwähnenswert sei.

Mit Bescheid vom 13.08.2004 nahm der Beklagte die Einbürgerung rückwirkend zum 16.08.1999 zurück und forderte den Kläger auf, die Einbürgerungsurkunde herauszugeben. Zur Begründung ist ausgeführt, die Einbürgerung sei auf der Grundlage des § 8 RuStAG nach Ermessen erfolgt. Die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit komme dabei nur in Betracht, wenn ein öffentliches Interesse an der Einbürgerung bestehe. Nach den Einbürgerungsrichtlinien sei Voraussetzung der Einbürgerung die Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse. Davon könne nicht ausgegangen werden, weil der Kläger die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossen habe, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits verheiratet gewesen sei (Doppelehe). Seine erste auf Grund dieser Ehe erteilte befristete Aufenthaltserlaubnis sowie die spätere unbefristete Aufenthaltserlaubnis seien bei Kenntnisse der Umstände niemals erteilt worden. Deshalb könne der Kläger keinen einzigen Tag rechtmäßigen Aufenthalts vorweisen und seine Einbürgerung sei rechtswidrig. Die Einlassungen des Klägers seien Schutzbehauptungen; der Kläger habe vielmehr bereits bei der Eheschließung in England seine in Pakistan bestehende Ehe verschwiegen und sich stattdessen als ledig ausgegeben. Sein Aufenthaltsrecht und damit letztlich die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband habe er damit durch arglistige Täuschung erwirkt. Die Einbürgerung sei deshalb gemäß § 48 SVwVfG mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, ohne dass der Kläger sich auf Vertrauensschutz berufen könne. Soweit der Kläger damit staatenlos werde, könne er sich unverzüglich um die pakistanische Staatsangehörigkeit bemühen...

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