Rechtskraft nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbürgerungsanspruch von Kindern. Staatsangehörigkeitserwerb durch Geburt. Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts eines Elternteils. Unterbrechung des rechtmäßigen Aufenthalts. Passlosigkeit. Einbürgerung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes gemäß § 4 Abs. 3 StAG setzt einen im Zeitpunkt der Geburt des Kindes seit acht Jahren ununterbrochen rechtmäßigen Aufenthalt eines Elternteils im Bundesgebiet voraus.
2. § 89 Abs. 3 und § 97 AuslG sind bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG vorliegen, nicht entsprechend anwendbar.
Normenkette
StAG § 4 Abs. 3 S. 1, § 40b; AuslG § 89 Abs. 3, §§ 97, 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 (F. 1965)
Verfahrensgang
VG Sigmaringen (Urteil vom 21.10.2002; Aktenzeichen 9 K 1317/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Oktober 2002 – 9 K 1317/01 – wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die am …1991 und am …1993 in Albstadt geborenen Kläger begehren ihre Einbürgerung.
Ihr Vater, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, reiste im Jahr 1987 in das Bundesgebiet ein. Er war vom 28.1.1988 bis zum 28.1.1993 im Besitz von befristeten Aufenthaltserlaubnissen. Im Anschluss daran wurde sein Aufenthalt im Bundesgebiet geduldet. Am 19.7.2001 wurde ihm eine bis zum 19.7.2002 befristete Aufenthaltsbefugnis erteilt, die am 8.8.2002 bis zum 19.7.2003 verlängert wurde. Über den am 30.6.2003 gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis ist noch nicht entschieden worden.
Die Mutter der Kläger, eine ehemalige Deutsche, erwarb in ihrer Kindheit die Staatsangehörigkeit der USA, nachdem sie von amerikanischen Staatsangehörigen adoptiert worden war. Nach ihrer Einreise ins Bundesgebiet am 28.9.1976 wurde ihr am 12.12.1978 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Ihr am 14.4.1982 ausgestellter amerikanischer Reisepass war bis zum 13.4.1987 gültig. Am 5.6.1987 teilte die Mutter der Kläger dem damals für sie zuständigen Ausländeramt des Landratsamtes Tuttlingen telefonisch mit, dass sie ihren Pass am 19.4.1987 dem amerikanischen Generalkonsulat in Stuttgart zur Verlängerung geschickt habe. Am 15.6.1987 wurde ihr ein neuer Reisepass ausgestellt, der bis zum 14.6.1997 gültig war. In diesen Pass wurde am 16.7.1987 die unbefristete Aufenthaltserlaubnis übertragen.
Die Kläger beantragten am 8.5.1998 die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung. Über diesen Antrag ist bislang noch nicht entschieden worden, weil für die Kläger keine gültigen amerikanischen Pässe vorgelegt wurden und der Ausgang des Einbürgerungsverfahrens abgewartet werden sollte.
Die von der sorgeberechtigten Mutter am 19.4.2000 gestellten Anträge der Kläger auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nach § 40b StAG lehnte das Landratsamt Zollernalbkreis mit Bescheid vom 1.2.2001 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Mutter der Kläger habe sich bei deren Geburt nicht – wie es § 40b StAG in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG voraussetze – seit acht Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Denn sie habe in der Zeit vom 13.4.1987 bis zum 15.6.1987 keinen gültigen Pass besessen, so dass nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1965 die ihr erteilte Aufenthaltserlaubnis erloschen sei. Dies habe zur Unterbrechung des rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik geführt. §§ 89 und 97 AuslG fänden im Rahmen des § 4 Abs. 3 StAG keine Anwendung. Der Vater der Kläger erfülle ebenfalls nicht die Voraussetzungen des § 40b StAG, da er zum Zeitpunkt der Geburt seiner Kinder keinen achtjährigen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gehabt und auch nicht die erforderliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besessen habe.
Die Kläger legten am 15.2.2001 Widerspruch ein und machten zur Begründung geltend: Ihre Mutter habe die Passverlängerung rechtzeitig beantragt. Eine Passverlängerung habe nicht erfolgen können, da die Pässe neu hätten beantragt werden müssen. Da nach den Vorschriften der USA der Pass nicht rückwirkend ausgestellt werden könne, sei es zu einer lediglich geringfügigen Unterbrechung des Passbesitzes gekommen, die für die Berechnung der Aufenthaltszeit unbeachtlich sei. Das geringfügige und unverschuldete Versäumnis ihrer Mutter könne ihnen nicht zugerechnet werden. Es sei unverhältnismäßig, allein hierauf abzustellen. Aus dem Umstand, dass ihrer Mutter am 16.7.1987 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, folge, dass auch die Ausländerbehörde den Verstoß nach § 9 Abs. 1 Satz 1 AuslG 1965 als geringfügig angesehen habe. Die Beeinträchtigung sei als gegenstandslos anzusehen, da hieraus keine Konsequenzen gezogen worden seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.7.2001, zugestellt am 18.7.2001, wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus: Für die Einbürgerung der Klä...