Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung Zustimmung. Ermessen. Vertrauensverhältnis Zerrüttung. Kündigungsschutzprozeß. Wahrnehmung berechtigter Interessen. Zustimmung zur Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der überwiegenden Mitverantwortung des Schwerbehinderten für die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und seinem Arbeitgeber durch Inhalt und Gestaltung des Prozeßvortrages des Schwerbehinderten bzw. seines Prozeßbevollmächtigten in arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren gegen vorangegangene außerordentliche Kündigungen.
Normenkette
SchwbG § 15
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Gerichtsbescheid vom 06.12.1989; Aktenzeichen 4 K 40/89) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Dezember 1989 – 4 K 40/89 – geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 11. April 1988 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 21. Februar 1989 wird aufgehoben.
Der Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens sämtlicher Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung der seitens des Beklagten erteilten Zustimmung zur ordentlichen Kündigung durch die frühere, zwischenzeitlich in Konkurs gefallene Beigeladene.
Der 1928 geborene Kläger ist aufgrund eines Feststellungsbescheids des Versorgungsamts F. vom 3.6.1983 rückwirkend seit dem 1.6.1981 als schwerbehindert anerkannt mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von 80 v. H. Im Dezember 1976 stellte die frühere Beigeladene den Kläger als kaufmännischen Leiter ihres Betriebs zum 1.1.1977 ein. Im Oktober 1982 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos, weil der Kläger weisungswidrig eine Bilanz kopiert habe. Die hiergegen vom Kläger angestrengte arbeitsgerichtliche Klage hatte Erfolg (Verfahren mit den Az.: …). Die frühere Beigeladene kündigte im November 1982 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ein weiteres Mal fristlos, diesmal weil der Kläger die für ihn geltende Arbeitszeitregelung ständig mißachtet habe. Auch gegen diese weitere Kündigung erhob der Kläger erfolgreich Kündigungsschutzklage (Verfahren mit den Az.: …).
Nach Abschluß dieses zweiten arbeitsgerichtlichen Verfahrens beantragte die frühere Beigeladene im Oktober 1985 bei der Hauptfürsorgestelle des Beklagten die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Der Antrag wurde damit begründet, daß der Kläger im Zuge der vorangegangenen arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen gegen die Geschäftsführung unhaltbare Vorwürfe erhoben sowie unangemessen, teilweise unsachlich und sogar beleidigend argumentiert habe. Nach Erteilung der Zustimmung kündigte die frühere Beigeladene das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.1986. Der Kläger focht die Zustimmung des Beklagten zu seiner Kündigung erfolgreich verwaltungsgerichtlich an. Die gegen das der Klage stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 10.3.1987 – 4 K 86/86 – eingelegten Berufungen des Beklagten und der früheren Beigeladenen wurden vom damals zuständig gewesenen 6. Senat des erkennenden Gerichtshofs mit Urteil vom 4.11.1987 – 6 S 1186/87 – zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde unter anderem ausgeführt, den angefochtenen Bescheiden des Beklagten sei zu entnehmen, daß dieser seine Kündigungszustimmung von keinerlei Mitverantwortung des Klägers für die – wohl zu Recht angenommene – Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und der Beigeladenen abhängig gemacht habe. Das sei ermessensfehlerhaft. – Auch die arbeitsgerichtliche Klage gegen die Kündigung hatte Erfolg (Verfahren mit den Az.: …).
Am 8.12.1987 beantragte die frühere Beigeladene, die seit der außerordentlichen Kündigung die Arbeitsangebote des Klägers nicht mehr annahm, ihm aber den vereinbarten Arbeitslohn weiter zahlte, bei dem Beklagten erneut die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger. Sie stützte diesen Antrag wiederum darauf, daß ihr Vertrauen in den Kläger in den letzten Jahren rapide geschwunden sei. Dieser habe sich in den beiden arbeitsgerichtlichen Verfahren unangemessen und teilweise unsachlich verteidigt. So habe er gegenüber der ersten außerordentlichen Kündigung behauptet, er habe gehört, deren wahrer Grund liege darin, daß er sich geweigert habe, Forderungen, die sich gegen die Ehefrau des Geschäftsführers der Beigeladenen privat gerichtet hätten, mit Firmenmitteln zu begleichen und die Rechnungen so umzuschreiben, daß für diese Aufwendungen Investitionszulage bezogen werden könne (Schriftsatz an das Arbeitsgericht vom 8.12.1982 – … – AS 90 ff.; Schriftsatz an das Landesarbeitsgericht vom 20.4.1983 – … – AS 156 f.). Spannungen seien nach der Beweisaufnahme durch das Arbeitsgericht nur entstanden, soweit der Geschäftsführer der Beigeladenen seine Stellung zum Nachteil der Gesellschaft benutzt habe (Schriftsatz an das Landesarbeitsgericht vom 7.6.1983, a.a.O., AS 174). Er – der Kläger – sei aufgrund seiner Einblicke in das Finan...