Entscheidungsstichwort (Thema)
Disziplinarrecht. sonstiges Dienstrecht. Mißbilligung
Leitsatz (amtlich)
Eine der antragsabhängigen Mitwirkung des Personalrats unterliegende schriftliche Mißbilligung im Sinne des § 80 Abs. 1 Nr. 3 LPVG liegt vor, wenn in einem Schreiben des Dienstvorgesetzten der Vorwurf eines schuldhaften Dienstvergehens erhoben und dies mit einer Zurechtweisung, Ermahnung, Rüge oder dergleichen verbunden wird. Eine solche Mißbilligung ist dem Beamten gegenüber rechtswidrig, wenn er nicht rechtzeitig vorher von der beabsichtigten Maßnahme so in Kenntnis gesetzt worden ist, daß er klar erkennen kann, daß er die Entscheidung über sein personalvertretungsrechtliches Antragsrecht nunmehr zu treffen hat.
Normenkette
LDO § 5 Abs. 3; BDO § 6 Abs. 2; LPVG § 80 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
VG Freiburg i. Br. (Urteil vom 26.04.1984; Aktenzeichen 5 K 263/83) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. April 1984 – 5 K 263/83 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß das Schreiben des Oberschulamts Freiburg vom 8. März 1983 rechtswidrig ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der im Jahre 1943 geborene Kläger trat im Jahre 1971 in den Schuldienst des Beklagten ein. Er wurde am 23.8.1971 zum Hauptlehrer z.A. ernannt. Am 23.1.1976 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Lehrer ernannt. Seit September 1972 versieht er seinen Dienst als Lehrer an einer Grundschule, und zwar seit Oktober 1979 in der Funktion des Leiters dieser Schule. Seit dem Jahre 1976 bewohnt er die in einem aus Rathaus und Schule bestehenden Gebäudekomplex gelegene Lehrerdienstwohnung. Die zweite Ehe des Klägers wurde durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 16.11.1981 geschieden. Das Urteil ist im Scheidungsausspruch seit 15.2.1983 rechtskräftig.
Am 31.12.1982 ging beim Oberschulamt ein anonymes Schreiben ein, in dem der Kläger – unter Angabe zahlreicher Einzelheiten – eines „skandalösen Lebens und Verhaltens” bezichtigt wurde. Unter anderem behauptete der Verfasser, der Kläger habe, nachdem ihm seine zweite Frau „weggelaufen sei”, etwa ein Jahr lang mit einer verwitweten Frau in der Lehrerwohnung in „wilder Ehe” zusammengelebt. Das Oberschulamt bestellte den Kläger telefonisch ein, gab ihm das Schreiben zur Kenntnis, belehrte ihn über seine Wahrheitspflicht und stellte ihm anheim, „sich in entsprechender Anwendung des § 34 der Landesdisziplinarordnung des Rechtsbeistandes eines Verteidigers zu bedienen”. Der Kläger erhielt Gelegenheit, sich schriftlich zu äußern. Er wurde darüberhinaus bei der Vorsprache am 24.1.1983 „unabhängig vom Wahrheitsgehalt des Schreibens” über die Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten eines Beamten mündlich belehrt. Von einem Lehrer werde erwartet, daß er auch die Kinder und Jugendlichen zu sittlicher und persönlicher Verantwortlichkeit erziehe. Von daher habe er auch außerhalb seiner Lehrtätigkeit ein vorbildliches Verhalten zu zeigen. Falls die Anschuldigungen zutreffen sollten, könne sein Verhalten auch dazu geeignet sein, das zwischen ihm und den Schülern bestehende Vertrauensverhältnis zu stören. Das Oberschulamt nahm einen Aktenvermerk hierüber zu den Personalakten.
Mit Schreiben vom 12.2.1983 nahm der Kläger zu den Behauptungen des anonymen Schreibens Stellung. Darin räumte er u.a. ein, daß die in dem anonymen Schreiben angeführte Witwe in der Tat eine Zeit lang bei ihm gewohnt habe.
Daraufhin richtete das Oberschulamt Freiburg unter dem 8.3.1983 an den Kläger folgendes Schreiben:
„In Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 12.2.1983 zu dem anonymen Schreiben vom Dezember 1982 räumen Sie ein, daß Sie in der Vergangenheit in ihrer Wohnung, die sich im Schulgebäude befindet, eine Zeit lang zusammen mit einer verwitweten Frau gewohnt haben, ohne mit ihr verheiratet gewesen zu sein.
Die Art und die Umstände dieses Verhältnisses – insbesondere der gemeinsame Bezug einer Wohnung im Schulgebäude in einer verhältnismäßig kleinen Ortschaft – waren in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in einer für Ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Für diese Beurteilung Ihres Verhaltens sind die Ihnen bereits anläßlich Ihres Dienstgespräches auf dem Oberschulamt am 24.1.1983 genannten Gesichtspunkte maßgebend. – Danach können bei der Beurteilung des außerdienstlichen Verhaltens eines Beamten die Art seiner dienstlichen Tätigkeit sowie die Erwartungen und Vorstellungen, die die Öffentlichkeit damit verknüpft, nicht außer Betracht gelassen werden. Der Beamte ist zu einem Verhalten verpflichtet, welches an seiner gesellschaftlichen Stellung, seiner dienstlichen Funktion und seiner Umwelt gemessen werden muß. Von daher ist ein – wenn auch nicht in engerem Sinne dienstliches, so doch berufsbezogenes Fehlverhalten sehr viel eher in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in bedeutsamer Weise zu bee...